Toolkit-Release August 2015

Heute Nacht ist das August-Release des RDA Toolkit erschienen. Das Update bringt uns erhebliche Änderungen beim deutschen Text. Dieser beinhaltet nun die Neuerungen, die im November 2014 vom JSC beschlossen und im April 2015 in den englischen Text eingearbeitet wurden. Eine Übersicht über diese Änderungen findet sich in meinen Blog-Beiträgen zum April-Update (Teil 1, Teil 2 und Teil 3). Auch die Fast tracks vom Oktober 2014, Februar 2015 und April 2015 wurden für den deutschen Text nachvollzogen. Die deutsche Fassung entspricht jetzt also dem Stand des Originaltexts vom April 2015.

Screenshot Infos zum August-Release auf der Website des RDA Toolkit
Infos zum August-Release auf der Website des RDA Toolkit

Die deutsche Übersetzung wurde außerdem wieder an einigen Stellen korrigiert bzw. verbessert. Besonders hinweisen möchte ich auf die Übersetzung von RDA 19.2.1.1.1 - das ist die Regelwerksstelle zu Körperschaften als geistigen Schöpfern. Auf Vorschlag einer Themengruppe, die sich mit dieser schwierigen Materie intensiv beschäftigt hat, wurde der deutsche Text zu den administrativen Werken über die Körperschaft im Passus a) i) geändert. Im Englischen steht hier "its internal policies, procedures, finances, and/or operations". Die neue Übersetzung dafür lautet "ihren internen Richtlinien, Verfahrensweisen, Finanzen und/oder ihren Aktivitäten" (anstatt bisher "ihren internen Verfahrensweisen, Prozeduren, Finanzen und/oder Arbeitsabläufen").

Im englischen Text gab es nur kleinere Änderungen über das Fast-Track-Verfahren. Auf der JSC-Website findet man eine Übersicht der Fast-Track-Änderungen. Eine davon ist für uns besonders bedeutsam, weil sie die deutschen Präfixregeln betrifft. Bei Namen, die aus dem Niederländischen stammen, gab es eine Abweichung zwischen den Vorgaben in RDA Anhang F.11.6 und unserer gewohnten Praxis: Gemäß dem bisherigen Regelwerksstand hätte man "De Boor, Hans Otto" ansetzen müssen statt "Boor, Hans Otto de". Ein entsprechender Änderungswunsch wurde erfreulicherweise als Fast Track akzeptiert, musste also nicht als Proposal eingereicht werden. Außerdem gibt es einige neue Beziehungskennzeichnungen im Anhang I ("commissioning body", "on-screen participant", "software developer") sowie im Anhang J, u.a. "inspired by (work)" respektive "inspiration for (work)", was mir ganz nützlich zu sein scheint. Ansonsten sind mir keine wichtigen Punkte in den neuen Fast Tracks aufgefallen. Mit dem Oktober-Release werden diese dann auch in die deutsche Fassung kommen.

Mit dem August-Update sind außerdem zahlreiche D-A-CHs entweder erstmalig ins Toolkit gekommen oder verändert worden. Die Anwendungsrichtlinien haben sich damit einen großen Schritt weiterentwickelt. Ich führe im Folgenden einige ausgewählte Anwendungsregeln und Erläuterungen auf, die mir besonders wichtig erscheinen. Dies ist natürlich nur eine kleine und außerdem völlig subjektive Auswahl.

0.0 Kriterien für die Abgrenzung von fortlaufenden Ressourcen und Monografien

Das war ein schwieriges Thema, bei dem es lange Diskussionen gab. Ich glaube aber, dass jetzt eine gute und handhabbare Lösung gefunden wurde.

1.7.1 Übertragen eines Elements, wie es in der Informationsquelle erscheint

Als Reaktion auf einige Fragen, die an die zuständige Themengruppe Interpunktion herangetragen wurden, haben wir die bisherige Erläuterung um folgende Grundsatzaussage ergänzt (zu der es dann auch noch Beispiele gibt):

"Das Ziel beim Übertragen ist nicht eine fotografisch exakte Abbildung der Vorlage, sondern eine nutzerfreundliche, gut lesbare Darstellung. Grundsätzlich nicht übertragen werden Gestaltungsmittel wie Fettsetzung, Unterstreichung, Farbigkeit etc. Ebenfalls nicht übertragen werden Besonderheiten, die häufig auf gestalterischen Gründen beruhen und dem normalen Gebrauch entgegenstehen, sofern in RDA und den D-A-CH nichts anderes vorgeschrieben ist."

4.6.1.3 Erfassen von Uniform Resource Locators

4.6.1.4 Hinzufügen, Aktualisieren oder Löschen eines Uniform Resource Locators

Die beiden neuen Erläuterungen geben genauere Anweisungen für den Umgang mit URLs. Einerseits geht es um die nicht gerade einfache Frage, wie man mit mehreren URLs umzugehen hat (u.a.: welche werden im Titeldatensatz erfasst, welche im Lokaldatensatz?), andererseits um Fälle von neuen und nicht mehr gültigen URLs.

6.2.2.2 Informationsquellen für die Bestimmung von bevorzugten Werktiteln

Gemäß RDA werden Ausgaben und/oder Nachschlagewerke zur Bestimmung des bevorzugten Werktitels herangezogen. Die neue Anwendungsregel bietet nun - geordnet nach unterschiedlichen Kategorien - klare Angaben, welche Informationsquellen in welcher Rangfolge zu nutzen sind. Zugleich lässt sie den Katalogisierenden (wie wir hoffen) ausreichend Spielraum, um nach dem gesunden Menschenverstand vorzugehen. Es war nicht ganz einfach, hier eine Regelung zu finden, die den unterschiedlichen Bedürfnissen von Formal- und Sacherschließern gerecht wird. Ich bin gespannt, wie sich die Anwendungsregel in der Praxis bewähren wird.

7.2.1.3 Erfassen der Art des Inhalts

Hier wurde eine Erläuterung zur strukturierten Erfassung bestimmter Informationen für Ausstellungs- und Auktionskataloge ergänzt. Auch wurde die Definition von "Bildband" leicht geändert.

7.12.1.3 Erfassen der Sprache des Inhalts

Die neue Erläuterung macht klar, wann und wie dieses Element belegt werden soll.

11.2.2.3 Bevorzugter Name von Universitäten etc. im deutschen Sprachraum

Im Anschluss an die Anwendungsregel findet sich nun der Hinweis: "Auf Beschluss des Standardisierungsausschusses vom 24. Juni 2015 entfällt diese Anwendungsrichtlinie mit dem Oktober-Release des RDA Toolkit." Viele von Ihnen werden bereits mitbekommen haben, dass unsere langjährige Tradition, Namen von Universitäten, technischen Hochschulen und Gesamthochschulen im deutschen Sprachraum normiert mit "Universität" etc. und dem Ort anzusetzen, nach Entscheidung des STA aufgegeben werden muss, weil sie nicht RDA-gerecht ist. Der Auslöser für die Diskussion waren (zweifelsohne berechtigte) Klagen der Schweizer KollegInnen, die mit der Vorzugsform "Technische Hochschule Zürich" für die ETH nicht glücklich waren. Nach meiner persönlichen Meinung hätte es jedoch genügt, eine Ausnahmeregel für diejenigen Fälle einzuführen, bei denen die Normierung zu offensichtlich ungebräuchlichen Ergebnissen führt. Denn: Tun wir unseren Benutzern wirklich einen Gefallen damit, wenn wir beispielsweise künftig "Westfälische Wilhelms-Universität Münster" statt "Universität Münster" schreiben? Auch stellt sich die Frage, ob Aufwand und Nutzen noch in einem akzeptablen Verhältnis zueinander stehen. Denn potenziell betroffen sind natürlich nicht nur die Hochschulen selbst, die alle geprüft und umgearbeitet werden müssen, sondern auch die ca. 38.000 Normdatensätze für ihre Fakultäten, Institute etc. Eine systematische Korrektur ist sicher nur dann möglich, wenn es eine maschinelle Unterstützung dafür gibt. Außerdem müssen dann eigentlich auch Splits bei Namensänderungen gemacht werden (z.B. hieß die Uni Leipzig in der DDR "Karl-Marx-Universität Leipzig"). Dass die Anwendungsregel erst im Oktober-Release entfällt, liegt daran, dass auch einige andere D-A-CHs angepasst werden müssen - für das August-Update war das nicht mehr zu schaffen. Auch für unser Lehrbuch wird die Änderung einige Korrekturen nach sich ziehen (seufz).

18.5.1.3 Erfassen von Beziehungskennzeichnungen

In der Anwendungsregel wurde ein neuer Passus eingefügt:

"Wenn Sie eine Beziehung zu einer Person, Familie oder Körperschaft erfassen, die nicht mit der Ressource als Ganzes in Verbindung steht, sondern mit einem darin enthaltenen Teil, so verwenden Sie dieselbe Beziehungskennzeichnung aus Anhang I wie für eine Person, Familie oder Körperschaft, die mit der Ressource als Ganzes in Verbindung steht. Dies gilt für alle Beziehungen auf der Ebene des Werks, der Expression und der Manifestation. Beispielsweise wird für den Verfasser eines in der Ressource enthaltenen Aufsatzes die Beziehungskennzeichnung "Verfasser" verwendet oder für den Dirigenten eines in der Ressource enthaltenen Konzertes die Beziehungskennzeichnung "Dirigent"."

RDA sieht in einem solchen Fall eigentlich nur Beziehungen zum enthaltenen Werk vor, sodass die damit in Beziehung stehenden Personen etc. nur indirekt berücksichtigt werden könnten. Angesichts der leider sehr begrenzten Möglichkeiten des Austauschformats MARC musste eine pragmatische Regelung getroffen werden: Entgegen der Logik von RDA können auch direkte Beziehungen zu den Personen etc. angelegt werden, damit diese vernünftig recherchierbar sind. Dabei werden die normalen Beziehungskennzeichnungen verwendet.

24.5.1.3 Erfassen von Beziehungskennzeichnungen

Auch für die Beziehungskennzeichnungen, die sich auf Beziehungen zwischen Entitäten der Gruppe 1 bezieht, gibt es jetzt eine Anwendungsregel.

Anhang I

Die Erläuterungen wurden etwas erweitert, u.a. gibt es jetzt Hinweise zum "Drehbuchautor" und zum "Filmemacher".

Anhang J

Für die deutschsprachige Praxis wurden einige Beziehungskennzeichnungen ergänzt, die es in RDA (noch) nicht gibt, u.a. "Lokalausgabe" bzw. "Lokalausgabe zu", "Bearbeitet als Hörspiel" bzw. "Hörspielbearbeitung von" sowie "Parallele Sprachausgabe". Bei letzterer ist leider etwas schief gegangen; im Beispiel sind die Klammern falsch gesetzt. Es sollte eigentlich so aussehen:

Parallele Sprachausgabe (deutsch): ...

Bei den Aktualisierungen zum Lehrbuch steht derzeit noch an einer Reihe von Stellen "(noch nicht veröffentlicht)". Die entsprechenden D-A-CHs müssten aber jetzt eigentlich alle mit dem Update ins Toolkit gekommen sein. Ich werde das in den nächsten Tagen überprüfen und dann in den Aktualisierungen den Veröffentlichungstermin 08/2015 vermerken.

Heidrun Wiesenmüller

Kommentar schreiben

Kommentare: 0