Gleich mehrfach haben mich in jüngster Vergangenheit Fragen zum D-A-CH bei RDA 2.4.2.3 (Erfassen von Verantwortlichkeitsangaben, die sich auf den Haupttitel beziehen) erreicht. Es ging immer um
Fälle, in denen eine Beziehung zu einer Person oder Körperschaft angelegt werden sollte, die in keiner Verantwortlichkeitsangabe genannt war. Zu meiner Überraschung schienen die KollegInnen davon
auszugehen, dass man in einem solchen Fall grundsätzlich eine Anmerkung zur Verantwortlichkeitsangabe machen muss. Als ich mir das D-A-CH (an dessen Formulierung ich zugegebenermaßen nicht ganz
unschuldig bin) daraufhin noch einmal durchgelesen habe, wurde mir klar, dass man die im zweiten Absatz ausgesprochene Empfehlung tatsächlich so interpretieren kann:
Das D-A-CH war aber gar nicht so intendiert, sondern scheint erst durch eine vor kurzem vorgenommenen Erweiterung missverständlich geworden zu sein. Ursprünglich ging es an dieser Stelle überhaupt nur um Verantwortlichkeitsangaben. Der fragliche Satz hieß so: "Darüber hinaus wird empfohlen, immer dann, wenn eine Beziehung angelegt wird, auch die zugehörige Verantwortlichkeitsangabe zu erfassen." Vielleicht hätten wir noch ergänzen sollen: "(...) sofern eine solche existiert". Andererseits schien das selbstverständlich zu sein. Wenn es keine zugehörige Verantwortlichkeitsangabe gibt (weil z.B. der Verfasser nur im Haupttitel genannt ist), kann man ja auch keine erfassen...
Vergleichbare D-A-CHs waren für die Regelwerksstellen 7.23 (Ausführender, Erzähler und/oder Präsentator) und 7.24 (Künstlerische und/oder technische Angabe) vorgesehen: Diese Elemente waren einerseits für Verantwortliche gedacht, die in der Produktion einen Auftritt haben (z.B. Schauspieler), und andererseits für solche, die an der künstlerischen oder technischen Produktion beteiligt sind (z.B. Regisseure und Produzenten). Auch hier sollte für D-A-CH gelten: Wenn man eine Beziehung zu einer derartigen Person oder Körperschaft anlegt, dann sollte man auch die entsprechende, fußnotenartige Angabe gemäß 7.23 bzw. 7.24 machen.
Im April 2015 gab es jedoch in diesem Bereich eine Regelwerksänderung, weshalb die für 7.23 und 7.24 vorgesehenen D-A-CHs gar nicht mehr ins Toolkit eingebracht wurden. Die beiden Elemente wurden bekanntlich gestrichen. Die Angaben, die vorher dort erfasst wurden, können nun entweder als normale Verantwortlichkeitsangabe oder als Anmerkung zur Verantwortlichkeitsangabe gemäß RDA 2.17.3 erfasst werden (siehe dazu den einschlägigen Blog-Beitrag). Entsprechend schien es nötig, das bestehende D-A-CH bei 2.4.2.3 so zu erweitern, dass nicht mehr nur Verantwortlichkeitsangaben, sondern auch Anmerkungen zu Verantwortlichkeitsangaben angesprochen sind. Die Änderung, die seit August 2015 im Toolkit ist, zielte also auf den Typ von Personen und Körperschaften ab, die zuvor in 7.23 und 7.24 erfasst wurden. Ich habe diese Ergänzung im D-A-CH selbst angestoßen, dabei aber leider nicht bedacht, dass man aus der Neufassung leicht falsche Schlüsse ziehen kann.
Ein Beispiel dafür ist die gefeierte Person bei einer Festschrift. Sie ist im Normalfall nicht in einer Verantwortlichkeitsangabe aufgeführt, sondern erscheint als Teil des Haupttitels oder des Titelzusatzes. Mit Blick auf das D-A-CH bei 2.4.2.3 könnte man nun folgendermaßen argumentieren: Ich lege eine Beziehung zur gefeierten Person XY an. Diese ist nicht in einer Verantwortlichkeitsangabe genannt. Das D-A-CH empfiehlt aber, dass man entweder die zugehörige Verantwortlichkeitsangabe erfasst oder eine Anmerkung zur Verantwortlichkeitsangabe macht. Um dem D-A-CH gerecht zu werden, sollte ich also eine Anmerkung zur Verantwortlichkeitsangabe machen, z.B. "Festschrift für XY".
Es liegt auf der Hand, dass das Ergebnis nicht sinnvoll wäre: Denn damit würde nur eine Information wiederholt, die man schon einer anderen Stelle der Beschreibung entnehmen kann (dem Haupttitel oder Titelzusatz). Übrigens wäre auch die Verwendung des Elements 2.17.3 in diesem Fall etwas krumm, weil die gefeierte Person eigentlich nicht "verantwortlich" ist.
Ein weiterer konkreter Fall sind ausstellende Museen oder Galerien, die man in RDA 19.3 je nach Sachlage mit der Beziehungskennzeichnung "Veranstalter" oder "Gastgebende Institution"
berücksichtigen kann. Auch diese sind üblicherweise in keiner Verantwortlichkeitsangabe genannt. Manchmal stehen sie im Titelzusatz; ansonsten können sie im Element RDA 7.2 (Art des Inhalts)
erfasst werden. Dort kann man zusätzlich zu "Ausstellungskatalog" nicht nur Daten und Orte, sondern auch die ausstellenden Körperschaften angeben (RDA 7.2.3.1 D-A-CH). Auch hier wäre es deshalb
gänzlich überflüssig, sie nochmals in einer Anmerkung zur Verantwortlichkeitsangabe aufzuführen.
Ich bin zerknirscht, dass mir das Problem bei der Textänderung nicht aufgefallen ist. Um Abhilfe zu schaffen, muss die Formulierung des D-A-CHs wohl nochmals geändert werden. Mein
Ad-hoc-Vorschlag dafür lautet:
"Darüber hinaus wird empfohlen, immer dann, wenn eine Beziehung zu einer verantwortlichen Person, Familie oder Körperschaft angelegt wird, auch die zugehörige Verantwortlichkeitsangabe oder eine entsprechende Anmerkung zur Verantwortlichkeitsangabe gemäß 2.17.3 RDA zu erfassen, sofern der Zusammenhang nicht aus einer anderen Stelle in der Beschreibung deutlich wird."
Damit wäre die ursprüngliche Intention des D-A-CHs wiederhergestellt: Zum einen wäre klar, dass sich die Vorgabe auf verantwortliche Personen, Familien und Körperschaften beschränkt - schließlich ist sie ja im Kapitel zur Verantwortlichkeitsangabe verortet. Zum anderen würde das Ziel der Empfehlung deutlich gemacht: Es geht darum, Transparenz zu schaffen (warum ist Person X oder Körperschaft Y mit einer Beziehung berücksichtigt?). Wenn dies schon durch andere Teile der Beschreibung abgedeckt wird, ist kein zusätzlicher Aufwand mehr nötig.
Heidrun Wiesenmüller
Kommentar schreiben