Neues, konsolidiertes FRBR-Modell: FRBR-LRM (Teil 5)

Hier nun der fünfte und voraussichtlich letzte Blog-Beitrag zum Draft von FRBR-LRM (Teil 1: Entitäten, Teil 2: Benutzeranforderungen und Merkmale, Teil 3: Beziehungen, Teil 4: Aggregate). Darin möchte ich noch verschiedene Nachträge und Ergänzungen zu den bisherigen Beiträgen machen, die sich teilweise aus der Diskussion in den verschiedenen Mailinglisten ergeben haben. Befassen wir uns zunächst noch einmal mit der Entität "Agent" und einigem darum herum. Hier die Definition und Erläuterung:

Definition der Entität Agent (Draft, S. 18)
Definition der Entität Agent (Draft, S. 18)

Agent, fiktive und nicht-menschliche Entitäten, Pseudonyme

Ich hatte mich anfangs an der Benennung "Agent" nicht wirklich gestört, zumal man den Begriff auch aus anderen Zusammenhängen kennt (er wird z.B. auch im Statement of International Cataloguing Principles verwendet). Robert Maxwell hat allerdings vor kurzem in einer Listen-Mail darauf hingewiesen, dass damit keine Entität charakterisiert wird, sondern vielmehr eine Beziehung (also eine Funktion oder Rolle, die die Entität ausübt). (Hinweis zum Archiv der RDA List: Beim ersten Aufrufen müssen Sie den Button "Ich bin kein Spammer" anklicken. Bitte rufen Sie danach denselben Link nochmals auf, um zur gewünschten Mail im Archiv zu gelangen).

Ich halte diese Kritik für berechtigt. Zwar haben die Macher von FRBR-LRM ganz offensichtlich versucht, dem Problem aus dem Weg zu gehen: In der Definition heißt es deshalb nur, dass die Entität fähig sein muss, als Agent zu wirken ("capable of exercising responsibility relationships relating to works, expressions, manifestations or items"), nicht, dass sie es auch tatsächlich tut. Aber wirklich überzeugend ist das nicht. Gemäß dem Verständnis von FRBR-LRM sind alle Menschen automatisch Agenten, obwohl nur ein kleiner Teil von ihnen in bibliografisch relevanter Weise (z.B. als Verfasser, Herausgeber, Verleger) in Erscheinung tritt. (Die Tatsache, dass heutzutage wohl fast jeder zumindest eine bibliografische Ressource, z.B. ein Buch, besitzt, wollen wir mal beiseite lassen - das wäre schon sehr an den Haaren herbeigezogen). Es ist jedenfalls recht kurios, wenn jemand, der niemals selbst als Agent aktiv geworden ist, dennoch als ein solcher eingestuft wird, wenn er z.B. als Thema eines Werks vorkommt.

Während FRBR-LRM hier einerseits enorm großzügig ist, ist es andererseits extrem kleinlich: Das "Agententum" ist ausschließlich auf das Wirken von realen Menschen beschränkt, d.h. alle fiktiven Personen, Familien und Körperschaften sind ausgeschlossen. Das Problem der fiktiven Entitäten hatte ich bereits im ersten Teil angesprochen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr scheint mir der Ansatz von FRBR-LRM verfehlt, dass alle fiktiven Entitäten (nicht nur fiktive Personen, sondern auch z.B. fiktive Geografika) automatisch unter die Entität "Res" fallen. Einige Probleme sind schon in einem Kommentar von JGE zum ersten Teil benannt worden: Die Einordnung einer Entität wäre abhängig davon, wieviel wir darüber wissen. Solange wir einen Autor für real halten, ist er ein "Agent" (in diesem Fall: eine "Person"). Sobald er als Pseudonym entlarvt wird, verwandelt er sich in eine "Res". Und wie soll man Gestalten wie z.B. Gilgamesch oder Jesus einordnen? Und ist das Thema eines historischen Romans, der zwar von einer realen Person handelt, aber sehr frei mit den Tatsachen umgeht, die echte Person (eine "Person") oder eine fiktive Variante davon (eine "Res")?

Es scheint mir außerdem einfach sinnvoll, fiktive Entitäten mit denselben Attributen und Beziehungen zu beschreiben wie ihre realen Gegenstücke. In der GND machen wir das schon lange: Für fiktive Personen verwenden wir dieselben Felder wie für reale Personen, für fiktive Geografika dieselben Felder wie für reale Geografika etc. Wichtig ist allerdings, dass die Entitäten als fiktiv gekennzeichnet werden. In der GND haben wir dafür entsprechende Codes. Entsprechend könnte man in FRBR-LRM bei der Top-level Entität "Res" ein Attribut "Fiktionalität" einführen (vielleicht mit den vier Werten "real", "fiktiv", "unsicher" und "unbekannt"). Dieses Attribut würde sich auf alle anderen Entitäten vererben.

Die ALA hat übrigens in ihrer Antwort auf das sehr lesenswerte Discussion Paper der Fictitious Entities Working Group (6JSC/FictitiousWG/1) darauf hingewiesen, dass auch andere aktuelle Standards (schema.org, FOAF, ISNI) die Entität "Person" nicht auf reale Personen beschränken (S. 1). Dem Discussion Paper haben übrigens auch wir zugestimmt.

Auch das in FRBR-LRM vorgeschlagene Konzept für den Umfang mit Pseudonymen als Cluster von Namen (vgl. den ersten Teil des Blog-Beitrags) kommt mir bei längerem Nachdenken immer problematischer vor: So scheint es mir in diesem Modell nicht möglich zu sein, fiktive biografische Informationen, die zu einer Pseudonym-Identität gehören, zu erfassen. Auch frage ich mich, wie die konkrete Implementierung aussehen könnte (mutmaßlich müsste es weiterhin eigene Normdatensätze für die Pseudonym-Namenscluster geben?) und was für die Benutzer angezeigt werden würde - vielleicht so etwas?

Verfasser: X, auftretend unter dem Namen Y

Dabei wäre "X" der bevorzuge Name aus dem Namenscluster für die reale Person und "Y" der bevorzugte Name aus dem Namenscluster für das Pseudonym.

Als jemand, der sich sehr für Tiere interessiert, stört mich außerdem die Absolutheit der Beschränkung auf Menschen. Damit sind auch hochintelligente Tiere wie Menschenaffen oder Elefanten ausgeschlossen, obwohl diese - zumindest in Einzelfällen - nachweislich als geistige Schöpfer von Werken auftreten. Ein Beispiel der jüngeren Zeit ist die Orang-Utan-Dame Nonja im Wiener Zoo, die mit Begeisterung malt und fotografiert. Gemäß der Logik von FRBR-LRM wäre aber nicht sie die geistige Schöpferin der Gemälde und Fotos, sondern die Tierpfleger, die ihr Pinsel und Farben bzw. die Kamera gegeben haben. Das halte ich für absurd.

Die Intelligenz von Menschenaffen wie z.B. Bonobos (meine Lieblingsaffen) ist nach der Schätzung von Wissenschaftlern vergleichbar mit der von 5-jährigen Menschenkindern. Denen würden wir auch nicht die Fähigkeit absprechen, ein Bild zu malen oder ein Foto zu schießen. Überdies gab es in der Geschichte schon viele Versuche, etwas zu identifizieren, mit dem man Menschen eindeutig von Tieren abgrenzen kann (z.B. den Gebrauch von Werkzeugen oder die Entwicklung einer Kultur). Soweit ich sehe, war es aber immer nur eine Frage der Zeit, bis Zoologen auf entsprechende Beispiele aus dem Tierreich gestoßen sind. Da steht es uns Bibliothekaren schlecht an, ein neues Abgrenzungskriterium einzuführen...

Ich fände es deshalb gut, wenn die Definitionen für die Entitäten "Agent", "Person" und "Collective Agent" so erweitert würden, dass sie auch fiktive und nicht-menschliche Wesen umfassen. Denkbare alternative Bezeichnungen wären "Identity" (statt "Agent"), "Individual identity" (statt "Person") und "Collective Identity" (statt "Collective Agent").

Definition von Expression

Robert Maxwell hat auch auf die neue Definition von Expression hingewiesen, die ich völlig überlesen hatte (vgl. Listen-Mail):

"I am a bit startled by the new definition of "expression" in FRBR-LRM: "A distinct constellation of signs conveying intellectual or artistic content." (LRM-E3, p. 15). What does this mean? I have a hard time imagining this phrase meaning anything to someone who asked the question "what is an expression?" or even to people who already know what an expression is. The original FRBR definition "the intellectual or artistic realization of a work in the form of alpha-numeric, musical, or choreographic notation, sound, image, object, movement, etc., or any combination of such forms" is not flawless and does require a bit of thinking, but at least it does make sense (the word "realization" is key, when a work "becomes real" it has an expression). I’m not sure "constellation of signs" conveys the idea. I suggest that the new definition isn't really an improvement. In fact it makes the concept, which is important to the model but already somewhat tricky but not impossible for people to understand, much more obscure."

Ich stimme Maxwell zu. Die neue Definition ist - wahrscheinlich mit Absicht - viel abstrakter als die bisherige, und es gibt keinen Bezug mehr zum Werk. Vermutlich hat man diesen für unnötig gehalten, weil er durch die Beziehung LRM-R2 (Work - is realized through/realizes - Expression) abgedeckt ist. Nichtsdestoweniger wirkt es nun so, als ob eine Expression für sich alleine existieren könnte, ohne ein zugehöriges Werk.

Repräsentative Expression

Mittlerweile läuft auch eine intensive und facettenreiche Diskussion zum Merkmal "Representativity" bei der Expression (LRM-A5), das ich im zweiten Teil des Blog-Beitrags erwähnt hatte. Auch diese Diskussion begann mit einer Listen-Mail von Robert Maxwell. Ich stimme Maxwell zu, dass es vielfach schwierig bis unmöglich sein wird, die repräsentative Expression überhaupt zu identifizieren. Insgesamt ist es verblüffend, dass für das Merkmal nur "ja" oder "nein" vorgesehen ist. Denn natürlich gibt es graduelle Abstufungen bei der Repräsentativität: Bei einem Ölgemälde hat das Original sicher den höchsten Grad an Repräsentativität. Aber auch ein exaktes Faksimile wäre doch noch sehr repräsentativ für das Werk, eine verkleinerte Schwarzweiß-Abbildung in einem Buch hingegen deutlich weniger.

Bei textuellen Werken dürfte das Hauptkriterium zur Beurteilung der Repräsentativität die Sprache sein. Expressionen in der Originalsprache repräsentieren das Werk besser als Übersetzungen - was ja auch unmittelbar einsichtig ist. Es scheint mir sehr fraglich zu sein, ob Benutzer darüberhinaus weitere feine Unterscheidungen machen würden. Nehmen wir an, dass es zwei Expressionen eines Werks aus dem 18. Jahrhundert in der Originalsprache gibt - die eine mit der ursprünglichen Interpunktion des Autors und die andere mit einer an heutige Standards angepassten Interpunktion. Für die meisten Benutzer dürften diese Expressionen den gleichen Grad an Repräsentativität besitzen. In jedem Fall wäre es irreführend, der einen Expression ein "ja" bei der Repräsentativität zu geben und der anderen ein "nein".

Übrigens scheint die Dimension der Repräsentativität nicht auf alle Werke in gleicher Weise anwendbar zu sein. Wenn im kommenden Jahr die zweite, aktualisierte und erweiterte Auflage von "Basiswissen RDA" erscheinen wird - ist diese dann mehr oder weniger repräsentativ für das Werk als die erste Auflage? Und was ist mit Werken der Musik, bei denen es typischerweise sowohl Noten-Expressionen als auch Aufführungs-Expressionen gibt - ist einer der beiden Typen grundsätzlich repräsentativer für das Werk als der andere? Und wenn wir an Aufführungen von klassischer Musik denken: Wäre die Uraufführung prinzipiell repräsentativer für das Werk als spätere Aufführungen? Ich kann diese Fragen nicht beantworten und argwöhne, dass sie gar keinen Sinn machen.

Trotz solcher Bedenken halte ich es für nützlich, den Aspekt der Repräsentativität in irgendeiner Weise in FRBR-LRM einzubauen. Die einfachste und m.E. beste Methode dafür wäre aber nicht das vorgeschlagene Merkmal bei der Expression, sondern (wie auch Maxwell vorgeschlagen hat) eine Reihe von zusätzlichen Merkmalen bei der Entität Werk, z.B. "Repräsentative Sprache des Werks", "Repräsentativer Inhaltstyp des Werks", "Repräsentative Dauer des Werks". Die Merkmale der in einer Bibliothek vorhandenen Expressionen könnten dann mit diesen Repräsentativitäts-Merkmalen verglichen werden; daraus könnte man ein entsprechendes Ranking nach dem Kriterium der Repräsentativität errechnen. Aus dem im Entwurf von FRBR-LRM vorgeschlagenen Merkmal bei der Expression könnte hingegen kein Ranking abgeleitet werden, da nur "ja" oder "nein" vorgesehen sind. Und ist die einzige, als repräsentativ definierte Expression im Bestand der Bibliothek nicht vorhanden, könnte man dem Benutzer keinerlei Alternativen anbieten.

Review-Verfahren

Zum Abschluss noch einige Hinweise zum Verfahren. Die Einladung zum Review wurde am 2. März 2016 über die Listen verschickt. Kommentare können bis zum 1. Mai 2016 bei der Vorsitzenden der FRBR Review Group, Chris Oliver, eingereicht werden. Angesichts der sehr komplexen Materie ist dieser Zeitraum sehr knapp - m.E. zu knapp - bemessen. Unsere Expertengruppen wurden aufgefordert, ihre Kommentare bereits bis zum 8. April an die Arbeitsstelle für Standardisierung zu senden. Ich nehme an, dass daraus eine gemeinsame Stellungnahme für den deutschsprachigen Raum erstellt werden soll. Die ALA hat eine eigene Task Force für den Review eingerichtet, der u.a. Robert Maxwell, John Hostage und Kelley McGrath angehören.

Was mich etwas beunruhigt ist die Tatsache, dass die Stellungnahmen offenbar im Wesentlichen von denselben Personen geprüft werden, die auch für den Draft von FRBR-LRM verantwortlich sind. Man kann nur hoffen, dass die Prüfung wirklich ergebnisoffen erfolgt. Ebenfalls beunruhigt mich, dass die offizielle Annahme des neuen FR-Modell in den IFLA-Gremien bereits für die kommende IFLA-Tagung im August in Columbus, Ohio, geplant ist. Es bleibt also auch nicht viel Zeit, um Änderungen in das Modell einzuarbeiten, sofern diese über Kleinigkeiten hinausgehen. Gut fände ich es, wenn die Stellungnahmen (zumindest die offiziellen von den verschiedenen Communities) veröffentlicht werden würden. Dies habe ich heute über die Listen vorgeschlagen und bin gespannt auf die Reaktion.

Mein Gesamt-Fazit zum derzeitigen Zeitpunkt ist, dass FRBR-LRM einige wichtige Verbesserungen bringt, insbesondere die Abschaffung der FRBR-Gruppe 3 und die Etablierung von Place und Time-span als vollwertige Entitäten. Es gibt aber auch einige sehr problematische Aspekte, insbesondere die Behandlung von fiktiven Entitäten und den Umgang mit Aggregaten. Ich hoffe deshalb sehr, dass der Entwurf noch merklich überarbeitet wird, ehe er von den IFLA-Gremien "abgesegnet" wird.

Heidrun Wiesenmüller

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Kommentare: 2
  • #1

    Margarete Payer (Mittwoch, 30 März 2016 10:49)

    Zum Thema "Agent"
    Liebe Frau Wiesenmüller,
    abgesehen vom "Beziehungsproblem" bei der Bezeichnung "Agent" denke ich bei Agent eher an Handelnde in Spionagekrimis denn an Familien und Körperschaften. Also habe ich mir überlegt, wie man das im Deutschen ausdrücken könnte. Wenn ich mich erinnere, wie missverständlich die "Verfasserangabe" in RAK bei Lernenden oft ankam, lohnt es sich, darüber nachzudenken.
    In unserer Tradition käme m.E. "Urheber" in Frage. Laut Duden mit der Bedeutung: "derjenige, der etwas bewirkt oder veranlasst hat" bzw. Schöpfer eines Werkes der Literatur.... In Wikipedia u.a. "ein Anstifter, Initiator oder Verursacher". Für deutsche Bibliothekare ist "Urheber" sicher noch auf Körperschaften bezogen, in den Preuß. Instruktionen war "Urheber" allerdings auf Menschen, die für amtliche Veröffentlichungen zuständig waren (Kaiser, Päpste usw.) bezogen.
    Und das ein Tier ein Urheber sein kann, steht für mich außer Frage. Das abzuleugnen ist menschliche Überheblichkeit.
    Es gibt aber auch die praktische Seite: wird ein Benutzer nicht automatisch die von Ihnen genannte Nonja unter Personen suchen? oder bei einem Text von Sapphyr unter diesem Namen? auch weil man nicht immer erkennen kann, dass es sich nicht um einen Menschen handelt. Sapphyr ist eine cybercat.
    Was muss man sich unter einem "non-human animal" vorstellen? (in einer der RDA list mails)

    Schöne Grüße
    Margarete Payer

  • #2

    J Eberhardt (JGE) (Mittwoch, 30 März 2016 11:04)

    Nach Ihren Anmerkungen jetzt habe ich den Originaltext des Drafts aufgesucht. Danach habe ich den Eindruck, dass der jeweilige Eintrag "Definition" die Funktion der Definition nicht oder nicht allein erfüllt. Ihr bzw. Maxwells Beispiel "Expression": Die Formulierung "A distinct constellation of signs conveying intellectual or artistic content." trifft auf jede sprachliche Äußerung zu (und sicher auch auf die meisten nichtsprachlichen Äußerungen). Will sagen: Die Definition krankt daran, dass sie weitere in diesem Kontext unklare Begriffe verwendet, zum Beispiel "a distinct constellation". Das, was die Zusammenstellung "distinkt" macht bzw. ihre Grenzen bestimmt, ist davon abhängig, welches Werk sie realisiert. Es scheint mir daher ebenfalls ein Fehler, den Zusammenhang mit "work" nicht in die Definition aufzunehmen. Er geht im Draft nur aus dem Kontext hervor.
    Mit dem Begriff "agent" und der Erläuterung über die Fähigkeit habe ich keine grundsätzlichen Probleme. Eigentlich würde es genügen festzustellen, dass "Agent" "Person" und "collective Agent" vollständig umfasst und nichts sonst. "Person" müsste halt genauer definiert werden.
    Ich habe den Eindruck, dass die Definition von der Formalerschließung und der Rolle in der Erschaffung eines Werkes her gedacht ist. Daher liegt es auf der Hand, dass nur reale Menschen vorgesehen sind, da ja fiktive Menschen keine realen Werke schaffen können. Nun habe ich mich aber längst an den Gedanken gewöhnt, dass FRBR eine Möglichkeit bietet, Sach- und Formalerschließung zusammenzudenken, so wie das in Deutschland z.B. die GND repräsentiert. Für mich ist daher für eine Person mit konstitutiv, dass sie "Thema" eines Werkes sein kann, sich also nicht nur auf der Verfasserseite befindet. Und daher ist klar, dass es auch fiktive Personen geben kann. Wenn nun FRBR-LRM nicht so gedacht ist, dann wird die Grenze zwischen Produktion eines Werkes und seinen Gegenständen / Themen schärfer gezogen. Dann ist allerdings in der Tat nicht einzusehen, warum bei einem "Agent" genügen sollte, dass er fähig ist, ein Werk zu schaffen -- dann würde man auch sagen können, er müsse ein Werk geschaffen haben (oder im Verdacht stehen, ein Werk geschaffen zu haben oder andere aktive Rollen auf der Produktionsseite eingenommen haben).
    Representativity: Im Draft fehlen Beispiele auf der Seite 28. Ich meine nicht, dass man notwendig zwischen Graden der Repräsentativität unterscheiden muss. Allerdings müsste schon noch etwas klarer gefasst werden, was Repräsentativität überhaupt sein soll. Nur nach den Definitionen käme ich zu dem Schluss, dass jede Expression das Werk "repräsentiert", dessen Expression sie ist. In dieser Form wird "represent" z.B. bei der Erläuterung des Begriffs "Symbol" verwendet: "A symbol is a person or a concept that represents, stands for or suggests another idea" (engl. Wikipedia, Eintrag Symbol). In welchen Fällen kann man sagen, dass eine Expression ein Werk nicht repräsentiert? -- Die Scope notes schreiben "considered representative in a particular context", aber das legt nur die Vermutung nahe, dass es Kontexte gibt, in denen dieselbe Expression als repräsentativ betrachtet wird und andere, in denen sie das nicht ist. D.h. das Attribut Representativity zieht einen Rattenschwanz weiterer Angaben nach sich, ja/nein genügt nicht.