Ich hinke leider wieder ein bisschen hinterher, möchte aber doch noch den Blog-Beitrag zum April-Release des RDA Toolkit bringen, das bereits am 12. April veröffentlicht wurde. Es handelt sich diesmal um ein "großes" Update: Denn in der englischen Fassung wurden die angenommenen Proposals aus der RSC-Sitzung vom November 2015 eingearbeitet. Ich werde die wichtigsten davon hier schon vorstellen. Allerdings kommen sie erst mit dem nächsten Update im August 2016 in die deutsche RDA-Fassung und sind auch erst ab diesem Zeitpunkt für uns gültig.
Die auf die Proposals zurückgehenden Änderungen kann man am besten nachvollziehen, wenn man die sogenannten "Sec final"-Dokumente zu den verschiedenen Proposals durchsieht, die auf der RSC-Seite veröffentlicht sind. Eine ganze Reihe davon betreffen den Bereich der Musik, in dem ich nicht ausreichend bewandert bin. Für die Musik-SpezialistInnen liste ich deshalb hier nur die einschlägigen Dokumente mit entsprechenden Links auf:
Kapitel 1
Die anderen Änderungen im Originalstandard bringe ich in der Reihenfolge des Regelwerks. Bei RDA 1.7.3 (Zeichensetzung) wurde die folgende Alternative ergänzt: "If transcribing punctuation as it appears on the source significantly hinders clarity, either omit or modify the punctuation, as necessary." (6JSC/CCC/16/Sec final). Wenn man es für wichtig hält, kann man in einer Anmerkung darauf hinweisen. Soweit ich sehe, entspricht diese neue Alternative unserer zweiten AWR bei RDA 1.7.3: "Die Interpunktion der Informationsquelle darf in Ausnahmefällen geändert oder weggelassen werden (z. B. wenn die exakte Übernahme zu einer sehr schlechten Lesbarkeit führen würde oder missverständlich wäre)." Diese kann dann wohl gestrichen oder in eine Erläuterung umgewandelt werden, sofern im deutschsprachigen Raum die Alternative angewendet wird. Man sieht: Wir waren hier unserer Zeit voraus!
Aus demselben Sec final ergibt sich auch eine neue Alternative bei RDA 1.7.5 (Symbole): "If transcribing a symbol reproducible by the facilities available significantly hinders clarity, omit the symbol or replace it by another symbol or sign of punctuation, as necessary." Auch das haben wir zumindest teilweise schon in den D-A-CH abgefangen. In unserer Erläuterung heißt es: "Auf die Wiedergabe des Symbols/Zeichens mit den beschriebenen Methoden kann verzichtet werden, wenn es sich nur um ein Designelement handelt und dieses nicht in einem Titel oder einer Verantwortlichkeitsangabe, sondern an anderer Stelle (z. B. im Verlagsnamen) vorkommt. Geben Sie in diesem Fall das Symbol/Zeichen sinnvoll textuell wieder und verzichten Sie auf eine Kenntlichmachung (bspw. durch eckige Klammern oder eine Anmerkung)."
Kapitel 2
Bei RDA 2.3.2.11 (Erfassen von fingierten Titeln) wurden die Möglichkeiten erweitert (6JSC/LC/32/rev/Sec final). Bisher waren hier nur die Art der Ressource und ihr Thema aufgeführt. Neu hinzugekommen sind nun "the opening words of a text, etc.", "a phrase that characterizes the resource" und "a title based on a related resource" (bei letzterem verstehe ich auf die Schnelle nicht, was damit gemeint ist). In jedem Fall ist dies eine Verbesserung, weil es den Katalogisierenden mehr Spielräume gibt, wie ein fingierter Titel aussehen kann. Außerdem wurden die Regeln zur Sprache, in der ein fingierter Titel abzufassen ist, präzisiert.
Höchst erfreut bin ich über die kleinen Veränderungen bei RDA 2.4.2.2 (Informationsquellen für die Verantwortlichkeitsangabe, 6JSC/ALA/42/Sec final). Hier gab es öfter unterschiedliche Ansichten; durch die neue Fassung dürften die Unklarheiten beseitigt sein. Zum einen wurde der Anfang verändert von "Take statements of responsibility relating to title proper from one of the following sources (in order of preference): (...)" in "Take each statement of responsibility relating to title proper from one of the following sources (in order of preference): (...)" Dadurch wird klar, dass die Rangfolge der Informationsquellen sich auf jede einzelne Verantwortlichkeitsangabe bezieht und auch, dass man sich nicht etwa eine Verantwortlichkeitsangabe aus Angaben von unterschiedlichen Stellen sozusagen "zusammenbasteln" kann. Ein neuer Satz erklärt außerdem: "Follow this order of preference even if a subsequent source of information contains a fuller statement of responsibility identifying the same person, family, or corporate body performing the same role."
Bei RDA 2.7.1.4 (Erfassen von Entstehungsangaben) wurde hinten ergänzt: "Non-self-describing manifestations. Supply places of production, producers’ names, and dates of production." (6JSC/BL/26/Sec final). Hm, ist das nicht eigentlich sowieso klar?
Mit den Änderungen in RDA 2.12.9.3 (Erfassen der Zählung innerhalb der Reihe, 6JSC/CCC/18/rev/Sec final) ist keine Änderung der Praxis intendiert. Es geht vielmehr um eine saubere Formulierung, denn bestimmte Teile der Zählung werden übertragen, andere hingegen erfasst. In der bisherigen Fassung ging dies etwas durcheinander (vgl. zum Hintergrund das ursprüngliche Proposal).
Am Ende von RDA 2.15.1.1 (Geltungsbereich für Identifikatoren der Manifestation) wurde der folgende Satz ergänzt: "For instructions on recording an identifier of a related manifestation, see 27.1." (6JSC/BL/25/Sec final). Ein solcher Hinweis war gewünscht worden, weil in den Ressourcen ja häufig nicht nur der Identifikator für die vorliegende Manifestation steht, sondern z.B. sowohl die ISBN für die gedruckte Ausgabe als auch die für die E-Book-Ausgabe.
Bei RDA 2.17.5 (Anmerkung zur Zählung von fortlaufenden Ressourcen) wurde der Geltungsbereich in RDA 2.17.5.1 erweitert (6JSC/ALA/39/Sec final). Bisher waren hier als mögliche Fälle, bei denen eine Anmerkung geschrieben werden soll, nur aufgeführt: "Zählung der/des ersten und/oder letzten Ausgabe bzw. Teils", "komplexe oder unregelmäßige Zählungen (einschließlich Fehler bei der Zählung)" sowie "Zeitspanne, die durch einen Band, eine Ausgabe oder einen Teil usw. abgedeckt wird". Dazu kommt jetzt noch ein allgemeiner Punkt, der alle weiteren Fälle abdeckt, bei denen man vielleicht eine Anmerkung schreiben möchte: "other information relating to numbering of serials". Dafür wurde dann auch ein neuer Unterpunkt RDA 2.17.5.6 eingeführt, wo auch Beispiele gegeben werden. In gleicher Weise wurde auch RDA 2.17.11 (Anmerkung zur Gesamttitelangabe) erweitert.
Außerdem wird bei RDA 2.17 (Anmerkung zur Manifestation) ein neues Element eingeführt: RDA 2.17.14 "Note on Identifier for the Manifestation", also Anmerkung zum Identifikator für die Manifestation (6JSC/ALA/38/Sec final/rev). Ein Beispiel dafür lautet: "ISBN for set is incorrect in volume 1; volume 2 contains the correct ISBN"
Kapitel 6
Die wichtige Regelwerksstelle RDA 6.27.1.5 (Adaptionen und Überarbeitungen) wurde grundlegend überarbeitet (6JSC/33/rev/Sec final). Wiederum ging es dabei nicht um eine Änderung der bestehenden Praxis, sondern nur um eine Verdeutlichung. In der Neufassung wird vor allem klar gemacht, dass die Regelung auch dann gilt, wenn ein Werk von seinem ursprünglichen geistigen Schöpfer adaptiert oder überarbeitet wurde.
Bei bestimmten Sammlungen von Gesetzen u.ä. wurde bisher der Formaltitel "Gesetze usw." verwendet (z.B. RDA 6.19.2.5.1). Dieser Formaltitel entfällt nun (6JSC/ALA/37/Sec final). Obwohl diese Änderung erst im August im deutschen Text nachvollzogen wird, wurde auf der letzten Sitzung der AG RDA beschlossen, dass die neue Version der Schulungsunterlage zu den juristischen Werken, die in Kürze veröffentlicht werden wird, bereits den künftigen Regelwerksstand widerspiegeln soll.
Kapitel 9
Bei RDA 9.5 (Vollständigere Namensform) gab es kleine Änderungen (6JSC/CCC/17/rev/Sev final). Für die deutschsprachige Anwendung sind diese jedoch m.E. nicht relevant, weil wir dieses Element ohnehin nicht zur Unterscheidung von gleichnamigen Personen verwenden.
Kapitel 11
Bei RDA 11.3.2.3 (Erfassen des Ortes einer Konferenz usw.) gibt es eine neue Alternative für den Fall, dass die Konferenz an mehreren Orten stattgefunden hat (6JSC/LC/34/rev/Sec final). Die Alternative bietet zwei Möglichkeiten: Man kann entweder nur den oder die wichtigsten Orte erfassen oder stattdessen auf das übergeordnete Geografikum ausweichen. Auch beim normierten Sucheinstieg wurde eine entsprechende Alternative ergänzt (RDA 11.13.1.8.1). Ich muss mir das nochmal in Ruhe anschauen, glaube aber, dass unsere bisherige D-A-CH-Praxis damit ohne Weiteres kompatibel ist.
Fast tracks im englischen Text
Die Fast-track-Änderungen in der englischen Originalfassung findet man in RSC/Sec/2 zusammengestellt. Ich werde sie mir erst zum August, wenn sie auch in die deutsche Fassung kommen, genauer anschauen. Bei einem groben Durchlauf sind mir aber schon einige Änderungen im Bereich RDA 9.2.2 als wichtig aufgefallen (S. 15-17 im Dokument).
Änderungen im deutschen Text
In den deutschen Text wurden nun die Fast tracks vom Februar 2016 eingearbeitet. Diese hatte ich im damaligen Blog-Beitrag schon vorgestellt. Wie die Änderungen in der deutschen Textfassung genau aussehen, kann man auf der entsprechenden Seite im RDA-Info-Wiki der DNB verfolgen. Das Dokument für April umfasst 28 Seiten.
Änderungen an der deutschen Übersetzung, die nicht auf Fast tracks oder Proposals zurückgehen, sind bisher nicht in ähnlicher Weise dokumentiert worden, was ich schon beim letzten Update beklagt hatte. Dies soll aber ab dem nächsten Release geschehen. Davon ausgenommen werden sinnvollerweise Korrekturen von Kleinigkeiten wie Tippfehlern oder Kommasetzung.
Auf eine mir bekannte Änderung in der Übersetzung möchte ich besonders hinweisen: Bei der schwierigen Stelle zum Paralleltitel (2.3.2.4) wurde der Halbsatz "wenn (...) es keinen Hauptinhalt in einer einzelnen Sprache gibt" geändert in "wenn (...) es keinen Hauptinhalt in einer einzigen Sprache gibt". Dies war in einem Kommentar zu einem Blog-Beitrag vorgeschlagen worden. Die Änderung macht die Stelle deutlich besser verständlich.
D-A-CH-Änderungen
Die Änderungen bei unseren Anwendungsrichtlinien kann man seit einiger Zeit gut im RDA-Info-Wiki verfolgen. Für das April-Update umfasst die Änderungshistorie in der Langversion nur 5 Seiten. Ich greife diejenigen Änderungen heraus, die mir besonders wichtig erscheinen.
Sehr froh bin ich über die neue Erläuterung zu RDA 2.2.2.1: "Bei elektronischen Ressourcen werden eingebettete Metadaten sowie Metadaten auf direkt zur Ressource führenden Webseiten (Frontdoor-Seiten, Landingpages) als Teil der Ressource betrachtet." Konkret bedeutet das, dass z.B. beim Katalogisieren von Digitalisaten diejenigen Informationen, die von der Frontdoor genommen werden, nicht mehr eckig geklammert werden müssen.
Die AWR zu RDA 2.4.1.4 wurde überarbeitet, um den Datenschutz-Aspekt in der Verantwortlichkeitsangabe zu berücksichtigen (vgl. Blog-Beitrag). Die jetzige Fassung lautet: "Wenden Sie die optionale Weglassung an, wenn dies aus Datenschutzgründen geboten ist (z. B. wenn die Verantwortlichkeitsangabe das exakte Geburtsdatum, die Postanschrift oder die Matrikelnummer einer lebenden Person enthält). Fakultativ können Sie die optionale Weglassung auch für die Erfassung umfangreicher Verantwortlichkeitsangaben anwenden." Diese Formulierung war allerdings unter starkem Zeitdruck erstellt worden, um die Änderung noch ins April-Update zu bringen. Auf der Sitzung der AG RDA am 11./12. April wurde das Thema nochmals besprochen und eine neue Formulierung festgelegt, die dann im August ins Toolkit kommen wird. Wenn ich sie richtig mitgeschrieben habe, lautet diese:
"Für die Erfassung umfangreicher Verantwortlichkeitsangaben können Sie die optionale Weglassung anwenden. Wenden Sie die optionale Weglassung bei Hochschulschriften und unveröffentlichten Ressourcen an, bei denen die Verantwortlichkeitsangabe personenbezogene Daten lebender Personen enthält. Übertragen Sie in diesen Fällen die Verantwortlichkeitsangabe unter Weglassung der personenbezogenen Angaben."
Bei der Erläuterung zu RDA 6.2.2.10.2 (Vollständige Werke in einer einzigen Form) wurden zwei Beispiele ergänzt - eins für den Formaltitel "Lyrics" (Alle Lieder / Wolf Biermann) und eins für den Formaltitel "Märchen" (Sämtliche Märchen / Wilhelm Hauff). Vor allem das erste Beispiel ist m.E. sehr nützlich, um die Bedeutung von "Lyrics" klar zu machen.
Weitere Änderungen im Toolkit
Wie immer, gab es auch Änderungen bei den verschiedenen Übersetzungen sowie bei Anwendungsrichtlinien der verschiedenen Anwendergemeinschaften. Die Updates bei den LC-PCC PS kann man hier verfolgen. Erstmalig enthalten sind die Anwendungsregeln der finnischen Nationalbibliothek mit dem schönen Titel "Suomalaisten kirjastojen linjaukset". Der entsprechende Button "SKL" erscheint in apartem Grau. (Erinnerung: Im Profil kann man einstellen, welche Buttons man im Toolkit sehen will).
Aktualisierungen gab es auch im Element Set und bei den Mappings zwischen MARC und RDA. Außerdem gibt es eine Verbesserung bei der Suchfunktion: Bisher konnte man nur mit einem Sternchen trunkieren, jetzt geht es auch mit einem Fragezeichen.
Heidrun Wiesenmüller
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