Toolkit-Release Oktober 2016 (Teil 1)

Das nächste Release des RDA Toolkit ist zwar erst für den 18. Oktober geplant, aber ich kann schon jetzt mit dem Bericht beginnen. Denn die KollegInnen von der Arbeitsstelle für Standardisierung haben die Änderungen für die deutsche Fassung bereits veröffentlicht. In diesem ersten Teil geht es um neue oder geänderte D-A-CH-Anwendungsrichtlinien. Wie immer lasse ich bei meiner Auswahl die sehr speziellen Regeln (insbesondere aus dem Musikbereich) weg. Die Gesamtübersicht der Änderungen findet sich im RDA-Info-Wiki. Die Langversion umfasst diesmal 24 Seiten - die AG RDA war also kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit noch einmal ausgesprochen fleißig.

Übersicht der D-A-CH inkl. Änderungshistorie im RDA-Info-Wiki
Übersicht der D-A-CH inkl. Änderungshistorie im RDA-Info-Wiki

Hier nun die kommentierte Zusammenstellung der bearbeiteten D-A-CHs, in der Reihenfolge des Regelwerks:

RDA 2.3.1.5

Das D-A-CH zu RDA 2.3.1.5 (Namen von Personen, Familien oder Körperschaften) thematisierte bisher nur Fälle, in denen die Namen von geistigen Schöpfern, Mitwirkenden etc. am Anfang eines Titels grammatisch mit dem Rest verbunden sind (z.B. "Goethes Faust"). Eine grammatische Verbindung ist aber in der Regelwerksstelle gar nicht verpflichtend gefordert; der Name muss nur "ein integraler Bestandteil des Titels" sein (die grammatische Verbindung ist dafür nur ein Beispiel). In der Tat gibt es vor allem bei Publikationen aus den Bereichen Kunst und Architektur Fälle, bei denen diese Regelwerksstelle sinnvollerweise angewendet werden sollte, obwohl es keine grammatische Verbindung gibt. Die Themengruppe Kunst hat deshalb eine Neufassung der Erläuterung geliefert, die diesen Aspekt berücksichtigt:

"Erfassen Sie Namen von geistigen Schöpfern, Mitwirkenden, dem Verlag o. Ä., die am Anfang eines Titels stehen und grammatisch verbunden sind (z. B. Genitiv-Konstruktion), als Teil des Titels. Auch wenn Namen von geistigen Schöpfern, Mitwirkenden, dem Verlag o. ä., die am Anfang eines Titels stehen, nicht grammatisch, jedoch inhaltlich eng mit der Sachaussage des Titels verbunden sind (insbesondere bei Ressourcen aus den Bereichen Kunst und Architektur), können diese ein integraler Bestandteil des Titels sein und werden dann als Teil des Titels erfasst. In Zweifelsfällen erfassen Sie einen solchen Namen als Teil des Titels. Werden Namen als Teil des Titels erfasst, so wird empfohlen, zusätzlich einen abweichenden Titel (RDA 2.3.6) ohne den bzw. die Namen zu erfassen, sofern grammatikalisch möglich."

Es wurden natürlich auch Beispiele für solche Fälle ergänzt.

RDA 2.3.1.7

Die wichtige und umfangreiche Erläuterung zu RDA 2.3.1.7 (Titel von Teilen, Untergliederungen und Beilagen) wurde von der UAG Fortlaufende Ressourcen an verschiedenen Stellen überarbeitet. Ich kenne mich in diesem Bereich zu wenig aus, um die Details würdigen zu können, möchte aber zumindest einen interessanten Aspekt kurz erläutern: Es gab etwas Unklarheiten, wie die Formulierung "Wenn der Titel eines separat erschienenen Teils, einer Untergliederung oder einer Beilage mit dem Titel, der allen Teilen oder Untergliederungen (oder dem Titel der größeren Ressource) gemeinsam ist, in derselben Informationsquelle erscheint (...)" aufzufassen ist. In der Neufassung der Erläuterung wird nun eindeutig geklärt, dass der Titel der Hauptressource als Titel in der Informationsquelle stehen muss. Die Voraussetzung ist deshalb nicht erfüllt, wenn der Titel der Hauptressource nur als Teil einer anderen Angabe auf dem Titelblatt steht (z.B. "Ein Sonderheft von ..."), und auch nicht, wenn der Titel der Hauptressource offensichtlich nicht die Funktion eines Titels erfüllt, sondern nur eine allgemeine Zugehörigkeit ausdrückt (z.B. wenn er in Form eines Logos unten auf der Seite steht). Schauen Sie sich dazu am besten die Beispiele beim Punkt "Beilagen mit eigenen aussagefähigem Titel" an.

RDA 2.5.1.6.2, 2.5.2.1, 2.5.2.3

Auch hier geht es um bestehende Erläuterungen aus dem Bereich fortlaufende Ressourcen, die überarbeitet und wurden. Diese D-A-CHs drehen sich alle um die Problematik von Ausgabebezeichnungen, die ja vielfach auch zu unterschiedlichen Beschreibungen führen. Ich tue mir hier schwer damit, die zentralen Änderungen herauszuarbeiten, und muss daher die SpezialistInnen bitten, sich die Details selbst anzusehen.

RDA 2.8.2.1

Die Erläuterung bei RDA 2.8.2.1 (Erscheinungsort: Geltungsbereich) besagt, dass bei echten Hochschulschriften die Hochschulorte als Erscheinungsorte angegeben werden. In der Praxis gab es aber Unsicherheiten, von welcher Stelle ein solcher Ort zu nehmen ist. Deshalb hat die Themengruppe Hochschulschriften eine Ergänzung für die Erläuterung geschrieben: "Hochschulorte werden so angegeben, wie sie sich in der Informationsquelle im bzw. beim Namen der Hochschule finden." Auch Beispiele wurden ergänzt. Steht etwa in der formularartigen Angabe "vorgelegt beim Fachbereich Biochemie, Chemie und Pharmazie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main von ...", so ist "Frankfurt am Main" zu erfassen, auch wenn an der Position eines Erscheinungsorts vielleicht nur "Frankfurt" steht. Für eine Doppeluniversität wie die FAU Erlangen-Nürnberg werden dann entsprechend sowohl "Erlangen" als auch "Nürnberg" als Erscheinungsorte erfasst.

RDA 2.12.2, 2.12.9, 2.12.10 und 2.12.17

Bei diesen Elementen aus dem Bereich Gesamttitelangabe (Haupttitel der Reihe, Zählung innerhalb der Reihe, Haupttitel der Unterreihe, Zählung innerhalb der Unterreihe) wurden AWRs ergänzt, die vom Prinzip her alle dasselbe besagen: Das erste Vorkommen des Elements ist ein Kernelement, etwaige weitere Vorkommen des Elements sind Zusatzelemente. Bei einer Ressource, die in zwei gezählten monografischen Reihen zugleich erscheint, müssen also beide Haupttitel der Reihe sowie beide Zählungen erfasst werden. Ein weiterer einschlägiger Fall wäre eine hierarchisch beschriebene mehrteilige Ressource, die noch dazu in einer monografischen Reihe erschienen ist: Auch in diesem Fall tritt das Element "Haupttitel der Reihe" zweimal auf. Im Lehrbuch haben wir ein solches Beispiel bei einem Band aus der mehrteiligen, von Joachim Leuschner herausgegebenen "Deutschen Geschichte" (Beispiel 14-1). Frau Horny und ich hatten hier in der Tabelle ganz automatisch bei beiden Vorkommen der Elemente 2.12.2 und 2.12.9 ein Sternchen als Kernelement gesetzt. Gemäß der Grundregel für Kernelemente ist jedoch nur jeweils ein Vorkommen ein Kernelement. Aber es ist natürlich leicht einsehbar, dass in solchen Fällen diese Elemente auch mehrfach erfasst werden müssen, wie es nun durch die neuen AWRs geregelt ist. Für die Neuauflage des Lehrbuchs werden wir also beim zweiten Vorkommen der Elemente das Sternchen in ein Pluszeichen ändern (das ergänze ich auch noch bei den Aktualisierungen, sobald das Oktober-Release erschienen ist).

RDA 2.15.1.7

In der bisherigen AWR bei RDA 2.15.1.7 war festgehalten worden, dass erläuternde Zusätze wie z.B. die Bindeart hinter einer ISBN gemäß deutschsprachiger Praxis fakultativ sind; denn streng genommen waren sie in bestimmten Fällen nach RDA verpflichtend. Diese AWR konnte nun erfreulicherweise gestrichen werden, da die Regelwerksstelle im Zuge eines deutschen Fast tracks geändert wurde. Derartige Erläuterungen müssen nunmehr nur noch erfasst werden, wenn sie "als wichtig für die Identifizierung angesehen" werden.

RDA 6.3, 6.4, 6.5, 6.6

Bei RDA 6.3 bis 6.6 (Form des Werks, Datum des Werks, Ursprungsort des Werks, Sonstige unterscheidende Eigenschaft des Werks) wurden gleichartige AWRs ergänzt. Der Hintergrund: In der Themengruppe Werke war aufgefallen, dass unsere bestehende Praxis zur Anwendung dieser Elemente bisher in den D-A-CH noch nicht sauber dokumentiert war. RDA verlangt ja eigentlich, Werke mit demselben bevorzugten Titel grundsätzlich durch ein zusätzliches Merkmal zu unterscheiden - auch wenn es sich um zwei Werke von unterschiedlichen geistigen Schöpfern handelt. Entsprechend lautet z.B. die Kernelement-Information bei RDA 6.3: "Form des Werks ist ein Kernelement, wenn es benötigt wird, um ein Werk von einem anderen Werk mit demselben Titel oder vom Namen einer Person, einer Familie oder einer Körperschaft zu unterscheiden." Gemäß unserer Praxis (die auch dem entspricht, was in der angloamerikanischen Welt gemacht wird) erfassen wir ein unterscheidendes Merkmal jedoch nur dann, wenn ansonsten der normierte Sucheinstieg für das Werk identisch zu dem einer anderen Entität wäre. Dies steht nun in den neuen AWRs explizit drin, z.B. bei 6.3:

"Betrachten Sie bei der Entscheidung, ob die Form des Werks als Kernelement erfasst werden muss, nicht nur die Titel anderer Werke bzw. die Namen von Personen, Familien und Körperschaften, sondern vergleichen Sie jeweils die normierten Sucheinstiege miteinander. Die Form des Werks muss nur dann zwingend erfasst werden, wenn sie benötigt wird, um den normierten Sucheinstieg für das Werk vom normierten Sucheinstieg für ein anderes Werk oder dem für eine andere Entität zu unterscheiden"

RDA 6.27.3

Auch bei der neuen Erläuterung zu 6.27.3 (Normierter Sucheinstieg, der eine Expression repräsentiert) geht es nicht etwa um eine neu eingeführte Regelung, sondern nur darum, unsere Praxis vollständig und widerspruchsfrei in den D-A-CH zu dokumentieren. In der AWR zu RDA 6.11.1.3 (Sprache der Expression) haben wir festgelegt, dass die Sprache als ISO-Sprachcode erfasst wird. Dies gilt aber natürlich nicht, wenn man die Sprache als Teil eines normierten Sucheinstiegs für eine Expression braucht; dann gibt man die Sprache als Wort an - also z.B. "Christie, Agatha, 1890-1976. Hercule Poirot's christmas. Deutsch" und nicht "Christie, Agatha, 1890-1976. Hercule Poirot's christmas. ger". Eigentlich versteht sich das natürlich von selbst, sodass eine Erläuterung dazu vielleicht unnötig ist. Auf der anderen Seite habe ich mittlerweile öfter erlebt, dass RDA und die D-A-CH wie göttliche Offenbarungsschriften gelesen werden. Beim Versuch, sich hundertprozentig exakt an die Regeln zu halten, kommen dann manchmal merkwürdige Ergebnisse heraus... Insofern neige ich mittlerweile dazu, lieber eine Erläuterung zu viel zu schreiben als eine zu wenig ;-)

RDA 7.2.1.3

Bei RDA 7.2 (Art des Inhalts) gab es noch etwas Ergänzungs- und Präzisierungsbedarf, um den sich dankenswerterweise die Themengruppe Form gekümmert hat. Neu ist eine Erläuterung zum Umgang mit Formangaben, die sich auf derselben Hierarchieleiter befinden: "Es können alle Formangaben vergeben werden, die auf die Ressource zutreffen. Ausnahme: Bei mehreren zutreffenden Formangaben, die in einem Hierarchieverhältnis zueinander stehen, wird empfohlen, nur den jeweils engsten Begriff zu vergeben." Dazu gibt es auch Beispiele.

Außerdem gab es eine kleine Änderung bei der Erläuterung zu den Ausstellungskatalogen: Bisher konnte die ausstellende Institution "in der Form der Informationsquelle oder in der Form ihres normierten Sucheinstiegs" angegeben werden - beide Lösungen waren also gleichberechtigt zugelassen. In der Neuformulierung wird jetzt der Akzent etwas anders gesetzt: "Geben Sie die ausstellende Institution möglichst in der Form ihres normierten Sucheinstiegs an (alternativ in der Form der Informationsquelle)". Es ist also zwar weiterhin erlaubt, die Vorlageform einfach zu übernehmen, aber die Angabe des normierten Sucheinstiegs wird eindeutig präferiert.

Schließlich wurde in einer neuen Erläuterung klargestellt, dass Formangaben gemäß RDA 7.2 sich auch auf Dinge beziehen können, die man formal als ergänzenden Inhalt betrachten kann. Das typische Beispiel sind Festschriften mit einem Schriftenverzeichnis, bei denen man ohne Weiteres auch "Bibliografie" vergeben darf, auch wenn sich dies nur auf einen Teil der Ressource bezieht. Als Pendant dazu gibt es auch bei RDA 7.16 (Ergänzender Inhalt) eine neue Erläuterung.

RDA 7.9

Die AWR zum Hochschulschriftenvermerk wurde um folgenden Passus ergänzt: "Geht aus der bibliografischen Beschreibung nicht klar hervor, welche Person durch die Hochschulschrift den Grad erlangt hat, geben Sie diese Information als Teil des Hochschulschriftenvermerks an, z. B.: "für Sybille Meier anerkannt"." Es handelt sich hier zwar nur um seltene Fälle, z.B. wenn ein gemeinschaftliches Werk zugleich als Dissertation für einen der Verfasser gilt, oder wenn es sich bei der Dissertation um die Edition eines älteren Werkes handelt (dann ist der Kandidat nicht Verfasser, sondern Herausgeber). Dennoch sollte geregelt sein, wie mit solchen Fällen umzugehen ist. Die Themengruppe Implementierung spricht gerade darüber, wo diese Information in den Formaten zu erfassen ist; in MARC kann sie wohl nur in 502 $g stehen.

RDA 10.3.1.3

Bei RDA 10.3 (Art der Familie) wurde eine Erläuterung ergänzt: "Als Art der Familie sind folgende Begriffe zugelassen: "Familie", "Dynastie", "Clan" (...)." Diese Festlegung war bisher nur in der Erfassungshilfe EH-P-01 dokumentiert gewesen.

RDA 11.3.2.3, 11.5, 11.13.1.8.1

Hier gab es kleinere Anpassungen, die aufgrund von Regelwerksänderungen bei den Konferenzorten nötig geworden waren. Denn im August waren hier neue Alternativen dazugekommen (vgl. den einschlägigen Blog-Eintrag, Abschnitt "Kapitel 11). Die jetzt vorgenommenen Änderungen zielen darauf ab, die bisherige Praxis bei den Konferenzorten beizubehalten; in der Sache ändert sich also erst mal nichts. Allerdings gab es Vorschläge, den ganzen Komplex zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in Ruhe zu diskutieren; evtl. können sich daraus noch Änderungen ergeben. Im Moment ging es aber erst mal darum, dass RDA-Text und D-A-CH-Anwendungsregeln mit dem Oktober-Update wieder zusammenpassen; dabei musste alles sehr schnell gehen.

RDA 19.2.1.1.1

Die Erläuterung zu Körperschaften als geistigen Schöpfern wurde um einen weiteren Aspekt ergänzt, mit dem sich die einschlägige Themengruppe beschäftigt hatte: "Bei nationalen und internationalen Normen gelten die jeweiligen Normungsinstitutionen und ihre untergeordneten Körperschaften (z. B. Normenausschüsse) nicht als geistige Schöpfer. Sie können als herausgebendes Organ berücksichtigt werden."

Für den zweiten Teil des Blog-Eintrags schaue ich mir dann die Änderungen in der deutschen Übersetzung an.

Heidrun Wiesenmüller

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