Toolkit-Release Februar 2017 (Teil 1)

Diese Woche erscheint das nächste Toolkit-Release. Es ist das vorletzte vor dem großen "Freeze", dem Einfrieren der Toolkit-Inhalte bis zum Relaunch im Jahr 2018. An der deutschen Fassung des Regelwerks gibt es mit diesem Update allerdings keine Änderungen; nur die D-A-CH werden aktualisiert.

Info zum Februar-Release 2017 auf der Website des RDA Toolkit
Info zum Februar-Release 2017 auf der Website des RDA Toolkit

Neue und geänderte D-A-CHs

Die Änderungen an den D-A-CH kann man wie gewohnt der entsprechenden Änderungshistorie entnehmen; nützlich ist vor allem die Langversion der Änderungen. Wie gewohnt, kommentiere ich im Folgenden nur die mir am wichtigsten erscheinenden Neuerungen.

RDA 1.11

In dieser Erläuterung geht es um die Frage, was als Reproduktion behandelt wird und was nicht. Bei den Dingen, die nicht als Reproduktionen gelten, war bisher aufgeführt: "Zeitnah erscheinende Veröffentlichungen auf unterschiedlichen Datenträgern (z.B. bei Hochschulschriften, Print- und E-Book-Ausgabe)." Diese Formulierung bereitete in der Praxis Schwierigkeiten. In der neuen Fassung wurde sie merklich erweitert:

Auf demselben, üblicherweise digitalen Master beruhende Veröffentlichungen auf unterschiedlichen Datenträgern. Meist liegen diese zeitnah, manchmal aber auch im Abstand von einigen Jahren vor. Entscheidend für die Beurteilung ist, dass in diesen Fällen kein Reproduktionsvorgang anzunehmen ist (anders als z.B. beim Einscannen einer gedruckten Vorlage).

Außerdem wurde eine leicht anzuwendende Regelung zur Entscheidungsfindung bei E-Books ergänzt:

Bei E-Books, zu denen es eine inhaltsgleiche Printausgabe gibt, wird zunächst geprüft, ob aus dem E-Book klar hervorgeht, dass es sich um eine Reproduktion der Printausgabe handelt (z.B. durch eine entsprechende Ausgabebezeichnung, ein eigenes Titelblatt für die Reproduktion oder erkennbare Hinweise, dass ein Scan einer gedruckten Vorlage vorliegt). Ist dies der Fall, so wird das E-Book als Reproduktion behandelt. Ist dies nicht der Fall, so gilt als Entscheidungskriterium das im E-Book selbst (z.B. in der PDF-Datei) angegebene Erscheinungsdatum. Liegt dieses vor 2005, so wird angenommen, dass es sich um eine Reproduktion handelt. Bei einem Datum ab 2005 wird angenommen, dass es sich bei der Print- und Online-Manifestation um parallele Ausgaben handelt.

RDA 2.1 und 3.19.3.3

Diese beiden Änderungen gehören zusammen. Die eigentliche Regelung steht in 3.19.3.3 (in 2.1 wird nur darauf verwiesen). Bisher stand dort in einer Erläuterung: "Gemäß RDA 3.19.3.3 führen unterschiedliche Kodierungsformate, wie z.B. "HTML" und "PDF" nicht zu unterschiedlichen Beschreibungen." Das kann man so aber eigentlich nicht sagen: Da das Kodierungsformat ein Merkmal der Manifestation ist, führen unterschiedliche Kodierungsformate sehr wohl zu unterschiedlichen Manifstationen, die man bei strenger Anwendung von RDA getrennt beschreiben müsste. Bei den Praktikern herrschte aber Einigkeit, dass dies nicht sinnvoll ist - zumal die unterschiedlichen Formate (z.B. E-Books sowohl im PDF- als auch im EPUB-Format) sehr häufig von derselben Website abgerufen werden können. Die Regelung, dass nur eine einzige Beschreibung erstellt werden soll, bleibt deshalb erhalten, wurde jedoch neu formuliert:

Bei E-Ressourcen, die in unterschiedlichen Kodierungsformaten bezogen werden können (z. B. PDF, ePUB, HTML), wird auf das Anlegen von separaten Beschreibungen der Manifestationen verzichtet. Stattdessen wird eine einzige Beschreibung angelegt, in der alle erhältlichen Kodierungsformate angegeben werden können. Die jeweils pro Bibliothek vorliegenden Kodierungsformate können zusätzlich als Merkmal des Exemplars erfasst werden.

Bibliotheken mit besonderen Bedürfnissen (insbesondere die Nationalbibliotheken und die regionalen Pflichtexemplarbibliotheken) können davon abweichend mehrere Beschreibungen anlegen.

RDA 2.5.2.1

Immer wieder gibt es Unklarheiten darüber, ob Angaben wie "First published" eine Ausgabebezeichnung sind oder nicht. Im Auftrag der AG RDA hat sich Ende letzten Jahres eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe mit diesem Thema beschäftigt. Eine Anfrage bei der RDA List ergab die eindeutige Rückmeldung, dass solche Angaben im anglo-amerikanischen Raum nicht als Ausgabebezeichnung berücksichtigt werden. Die neue Erläuterung folgt dieser Praxis, behält aber die bisher schon in der AWR zu RDA 2.1 verankerte Ausnahmeregelung bei. Hier der Text:

"First published" und "first issued" gelten nicht als Ausgabebezeichnung im Sinne des Regelwerks und werden nicht erfasst. Ausnahme: Steht eine solche Formulierung im Zusammenhang mit einer Einbandart, so gilt diese jedoch als Ausgabebezeichnung (s.a. D-A-CH AWR für RDA 2.1). Die Angabe "Erstveröffentlichung" gilt als Ausgabebezeichnung.

RDA 6.2.2.4

In dieser Erläuterung geht es um die Wahl des Haupttitels bei parallelen Sprachausgaben. Dabei wurden auch verschiedene Sonderfälle beschrieben. Diese wurden jetzt geprüft und schlüssiger formuliert.

RDA 6.2.2.9

Diese AWR beschreibt unsere Praxis bei Teilen von Werken, die keine eigenständigen Titel haben. Wir erfassen in diesen Fällen ja nur den Titel des Gesamtwerks und die Zählung, lassen aber allgemeine Begriffe wie "Buch", "liber" oder "Kapitel" weg. Weil Nachfragen dazu gekommen waren, wurde nun noch ein Hinweis zur Zeichensetzung ergänzt - nämlich, dass die Zählung mit Komma angeschlossen wird. Dies entspricht nicht nur der in unserem Raum üblichen wissenschaftlichen Zitierweise, sondern auch der Praxis bei den biblischen Büchern.

RDA 6.2.2.10.1 und 6.2.2.10.2

Bei den D-A-CHs zu Zusammenstellungen von Werken desselben geistigen Schöpfers gab es zwei Präzisierungen.

RDA 6.11.1.3

Die Regelung, in welchen Fällen "zxx" für "kein sprachlicher Inhalt" zu vergeben ist, wurde in der AG RDA auf Wunsch der Musik-Katalogisierer nochmals intensiv diskutiert und etwas angepasst. Festgelegt wurde nun, dass bei der Bestimmung der Sprache der Expression Begleitmaterial grundsätzlich nicht berücksichtigt wird. Damit ist die Regelung genau parallel zu der für die Bestimmung von Inhalts-, Medien- und Datenträgertypen; dort wird das Begleitmaterial ja auch ignoriert. Entsprechend vergibt man nun für eine Audio-CD mit Instrumentalmusik grundsätzlich den Code "zxx", auch wenn ein mehrseitiges Booklet dabei ist. Enthält jedoch eine Notenausgabe für ein Instrumentalstück eine Einleitung, so wird weiterhin der Code für die entsprechende Sprache vergeben (obwohl der Hauptteil der Ressource - die Noten - natürlich keine Sprache hat).

RDA 6.27.1.3, 6.27.1.5 und 6.29.1.1.3

Für juristische Kommentare, die häufig neu bearbeitet werden, haben wir vor einiger Zeit eine Sonderregelung verabschiedet (vgl. einen früheren Blog-Beitrag): Ist auf der bevorzugten Informationsquelle ein ursprünglicher Verfasser an erster oder hervorgehobener Stelle genannt, so wird dieser auch dann als erster geistiger Schöpfer betrachtet, wenn er explizit als "Begründer" o.ä. bezeichnet wird. Diese Regelung stand bisher aber nur in den Schulungsunterlagen; jetzt wurde sie auch als D-A-CH bei 6.29.1.1.3 verankert.

Teilweise war fälschlich angenommen worden, dass diese Regelung auch bei normalen Handbüchern o.ä. gilt, die häufig neubearbeitet werden. Entsprechend wurde das vorhandene D-A-CH bei 6.27.1.3 etwas erweitert. Die einschlägige Stelle lautet jetzt:

Werk-Grenze bei Neubearbeitungen

Es wird immer dann ein neues Werk angenommen, wenn sich eine Änderung beim ersten hauptverantwortlichen Verfasser ergibt. Das bloße Hinzutreten weiterer Verfasser hinter dem ersten führt hingegen nicht zu einem neuen Werk. Diese Regelung gilt auch für Begründer, sofern diese wie Verfasser dargestellt werden, jedoch nicht für Begründer, die als solche gekennzeichnet sind (z. B. durch eine Formulierung wie "begründet von"). Für juristische Kommentare gilt eine Ausnahmeregelung, vgl. die Erläuterung zur RDA 6.29.1.1.3.

Ist an erster Stelle der Begründer des Werks wie ein Verfasser genannt, der nachfolgend aufgeführte Verfasser der Neubearbeitung ist jedoch typografisch hervorgehoben, so wird ebenfalls ein neues Werk angenommen, für welches der Verfasser der Neubearbeitung als Verfasser berücksichtigt wird.

Ursprüngliche Verfasser, die nicht als geistige Schöpfer gelten, können als "Sonstige Person, Familie oder Körperschaft, die mit einem Werk in Verbindung steht" mit der Beziehungskennzeichnung "Begründer" erfasst werden.

Außerdem wurden zwei Beispiele ergänzt.

Hingegen wurde eine andere Regelung, die zunächst nur im Kontext der juristischen Kommentare entwickelt worden war, als grundsätzliche Regel bei 6.27.1.3 verankert - sie gilt jetzt also für alle gemeinschaftlichen Werke:

Erläuterung zu geistigen Schöpfern, die gleichzeitig Herausgeber sind:

Ist einer der geistigen Schöpfer eines gemeinschaftlichen Werks zugleich auch als Herausgeber genannt, so gilt dieser als hauptverantwortlicher geistiger Schöpfer. Sind mehrere geistige Schöpfer zugleich als Herausgeber genannt, so gilt der erste bzw. hervorgehoben genannte von diesen als hauptverantwortlicher geistiger Schöpfer.

RDA 11.3.2.3 und 11.13.1.8.1

Bei den Konferenzorten war an diesen Stellen im vergangenen Jahr eine neue Alternative ins Regelwerk gekommen: Anstatt alle Konferenzorte anzugeben, kann man auch entweder nur den oder die mit der Konferenz hauptsächlich in Verbindung gebrachten Ort(e) angeben oder den Namen des größeren Geografikums (z.B. eines Lands). Wir waren zunächst bei unserer bisherigen Regelung geblieben, derzufolge bei bis zu drei Orten alle erfasst werden sollten und bei mehr als drei Orten nur der erste oder alternativ das Land. Dies wurde nochmals diskutiert und es wurde entschieden, stattdessen die Alternative anzuwenden. Die neuen AWRs an diesen Stellen lauten:

Wenden Sie die Alternative an. Es wird bei der Erfassung von mehreren Orten empfohlen, bis zu drei Orte aufzuführen oder auf das Land auszuweichen, falls sinnvoll.

Allerdings scheint mir, dass gleichzeitig die Erläuterung 1 bei RDA 11.3.2.3 hätte gestrichen werden müssen, was zumindest nach Ausweis der Änderungshistorie nicht geschehen ist. Das muss man sich nochmal in Ruhe ansehen und ggf. im August-Update korrigieren.

RDA 19.2.1.1.1 und 19.3.1.3

Die Erläuterungen zu Körperschaften als geistigen Schöpfern bzw. als sonstigen Körperschaften in Verbindung mit einem Werk wurden im Bereich der Festschriften etwas anders nuanciert. Darüber habe ich ausführlich in einem eigenen Blog-Beitrag berichtet.

RDA 19.2.1.1.2

Die neue Erläuterung empfiehlt, immer dann, wenn eine "Amtsinhaber-Körperschaft" geistiger Schöpfer ist, zusätzlich eine Beziehung zum Amtsinhaber als Person anzulegen (siehe den Blog-Beitrag dazu).

RDA 23.5.1.3 und M.0

Der seit 2015 existierende Anhang M (mit Beziehungskennzeichnungen wie "Kommentar zu" oder "Rezension zu") führt manchmal zu Missverständnissen. In den neuen Erläuterungen wird klargestellt, dass er nur im Bereich der Formalerschließung verwendet wird. In der verbalen Sacherschließung nach RSWK wird weiterhin mit Schlagwörtern gearbeitet.

Es gibt derzeit also zwei Möglichkeiten, um mit verbalen Mitteln im Katalogisat auszudrücken, dass beispielsweise ein Kommentar zu einem anderen Werk vorliegt. Entweder ganz "normal" nach RSWK: Dafür würde man den Normdatensatz für das kommentierte Werk in einem Schlagwortfeld verknüpfen und zusätzlich die Formangabe "Kommentar" vergeben (seit dem RDA-Umstieg; früher hätte man das entsprechende Formschlagwort benutzt). Oder mit einer Beziehung gemäß Anhang M: Diese wird in den für die Formalerschließung vorgesehenen Datenfeldern erfasst (im selben Feld, das auch für andere Beziehungen zu Werken verwendet wird). Entsprechend ist ein auf diese Art angegebenes Thema in einem Online-Katalog nicht über die Schlagwortsuche recherchierbar. Mittelfristig könnte man natürlich überlegen, ob sich diese beiden Methoden irgendwie zusammenbringen lassen, um Doppelarbeit zu vermeiden.

Nach Erscheinen des Februar-Updates schreibe ich noch einen kurzen zweiten Beitrag zu den Änderungen in der englischen Fassung.

Heidrun Wiesenmüller

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Kommentare: 2
  • #1

    Maximilian Lowisch (Montag, 20 Februar 2017 08:37)

    Liebe Frau Wiesenmüller,

    eine Anmerkung dazu, wie sich ein kommentiertes Werk in der Formalerschließung unterbringen lässt, würde ich gerne noch ergänzen. Sie haben die Verknüpfung in Form eines Schlagwortsatzes, sprich Werknormdatensatzes erwähnt. Könnte eine Verknüpfung für die Formalerschließung nicht auch über das Feld "In der Manifestation verkörpertes Werk" (PICA SWB 3211, Alpeh 303t) erfolgen? Denn das Werk ist in dem vorliegenden Werk enthalten - entweder in Form eines Anhangs oder eingeschoben zwischen die Kommentierungen. Was meinen Sie? Bei enthaltenen Werken in Form von Aufsätzen wird ja ganz offiziell so verfahren: Fußnote: "Enthält Werk XY" + Verknüpfung in 303t. Müsste sich dieses Verfahren nicht auch auf ihr Beispiel übertragen lassen?

    Viele Grüße

    M. Lowisch

  • #2

    Heidrun Wiesenmüller (Montag, 20 Februar 2017 10:02)

    Lieber Herr Lowisch,

    Sie sprechen hier ein schwieriges Thema an, das im vergangenen Jahr auch in einem Proposal der LC behandelt wurde (http://www.rda-rsc.org/RSC/LC/1). Es wird daraufhin im April auch eine Änderung im Regelwerk geben, deren genaue Gestalt wir aber leider noch nicht kennen.

    Die Grundthese der LC entspricht (denke ich) Ihrer Idee. Sie lautet, dass beim Vorliegen von Kommentar und kommentiertem Werk in derselben Ressource (was sicher der häufigste Fall ist, obwohl es auch Beispiele gibt, in denen nur der Kommentar abgedruckt ist) grundsätzlich eine Zusammenstellung vorliegt. Hingegen behandelt RDA (und auch wir) solche Ressourcen derzeit anders, nämlich als zum Typ "Hauptwerk mit Ergänzung" gehörend (entsprechend unserer D-A-CH-Erläuterung bei 6.27.1.4). Ich denke, dass dies auch sinnvoll ist, denn bei einer solchen Ressource gibt es jeweils ein klares Hauptwerk. Welches das Hauptwerk ist (entweder der Kommentar oder das ursprüngliche Werk), wird durch eine unterschiedliche Präsentation deutlich gemacht (vgl. dazu die Beispiele im Lehrbuch in Kap. 9.6.3).

    Die Behandlung als Zusammenstellung hätte m.E. erhebliche Nachteile: Das Zusammenstellungswerk hat ja keinen geistigen Schöpfer, sodass z.B. bei juristischen Kommentaren die primär mit der Ressource verbundene Person nicht mehr im Feld für die Haupteintragung stehen kann, sondern nur noch Schöpfer eines Teilwerks wäre. Außerdem hätte in diesen Fällen das Zusammenstellungswerk eigentlich nie einen "richtigen" Titel. Stattdessen müssten wir denselben Titel für das Zusammenstellungswerk und den Kommentar verwenden. Die normierten Sucheinstiege würden nach dem folgenden Muster gehen:

    Zusammenstellungswerk: Kommentar zum XY-Gesetz
    Kommentarwerk: Autor Z. Kommentar zum XY-Gesetz

    Ich denke, das würde im Ergebnis alles erheblichen Aufwand machen, ohne dem Benutzer einen Vorteil zu bringen. Und es passt m.E. nicht zur Grundidee von RDA, die Ressourcen so zu präsentieren, wie sie sich selbst präsentieren. Ich hoffe deshalb, dass die im April zu erwartende Neuregelung uns immer noch die Option geben wird, solche Kommentare nicht als Zusammenstellungen zu behandeln.

    Viele Grüße
    Heidrun Wiesenmüller