RDA Toolkit (Beta-Version): Update April/Mai 2019

Am 30. April 2019 gab es ein größeres Update bei der Beta-Version für das "neue" RDA-Toolkit (vgl. News vom 29. April 2019 auf der Toolkit-Homepage). Einige wichtige neue Features waren zu diesem Termin allerdings noch nicht fertig und wurden erst in einem "Follow-up Release" am 21. Mai nachgeliefert (vgl. News vom 21. Mai 2019 auf der Toolkit-Homepage).

Infos zum April-Update der Beta-Version auf der Toolkit-Homepage
Infos zum April-Update der Beta-Version auf der Toolkit-Homepage

Webinar mit Kathy Glennan und James Hennelly

Jetzt ist also ein guter Zeitpunkt, um hier über die Neuerungen zu berichten, zumal es am 10. Mai ausführliche Informationen in einem 90-minütigen Webinar mit Kathy Glennan (RSC-Vorsitzende und James Hennelly (Director ALA Digital Reference) gab. Zur Verfügung gestellt wurden die Folien, ein Transkript und eine Audioaufnahme. Für letztere findet man zwei Links: Zunächst einen, der zum Webex-Konferenzsystem führt. Hier müssen Sie zuerst auf "Playback" drücken, dann kurz warten und den "Play"-Knopf betätigen. Rechts sehen Sie ein kleines "Sprechblasen"-Symbol. Wenn Sie darauf klicken, öffnet sich ein Fenster mit dem Chat, der parallel zum Webinar lief. Am Anfang und Ende ist dieser recht langweilig, weil nur alle "Hallo, bin auch hier" sagen bzw. sich am Ende verabschieden. Aber zwischendurch gab es einige ganz interessante Kommentare. Der zweite Link, der veröffentlicht wurde, führt auf eine schlichte MP4-Datei ohne die Möglichkeit, den Chat mit abzuspielen.

Für Juli und August diesen Jahres wurden weitere Informations- und Schulungsveranstaltungen zu verschiedenen Themen angekündigt ("Online Orientations", vgl. Folien 60f.), u.a. auch ein spezielles Angebot "Teaching RDA after 3R". Ich argwöhne allerdings, dass diese Online-Kurse nicht kostenlos sein werden wie das jetzige Webinar.

Einigermaßen "stabiler" englischer Text, Umgang mit Änderungen

Das fraglos Wichtigste am April-Update ist die Tatsache, dass der darin enthaltene englischsprachige Text nun soweit gediehen ist, dass er als "stabil" gilt. Damit ist die nötige Basis geschaffen, um sich ernsthaft an die Übersetzungen zu machen und auch die Anwendungsrichtlinien an die neue Gestalt von RDA anzupassen. Dies heißt freilich nicht, dass der Text wirklich schon ganz fertig wäre. Kathy Glennan charakterisierte ihn als "stable, but not unchanging". Neben kleineren redaktionellen Punkten kann dies auch größere Änderungen betreffen, solange sich diese nicht in schwerwiegender Weise auf die Arbeit der ÜbersetzerInnen und Policy-SchreiberInnen auswirken. Kathy nannte etwa die Ergänzung von Beispielen; in einem kürzlich veröffentlichten Dokument des RSC (RSC/Chair/2019/1) war auch von "additional conditions/options within an existing element" die Rede. Ich bin noch nicht dazu gekommen, mich mit der jetzigen Textfassung intensiver auseinanderzusetzen, kann mir aber gut vorstellen, dass tatsächlich noch manches ergänzt werden muss.

Wenn ich es richtig verstanden habe, werden Änderungen gegenüber dem jetzigen Stand dokumentiert werden - allerdings nur, wenn es sich dabei um "richtige" Änderungen ("reported changes") handelt und nicht nur um die Korrektur von Tippfehlern o.Ä. Kathy sagte dazu:

"The beta site now is no longer under continuous revision, and that means we will start documenting and publicizing changes again as opposed to doing it as part of a project with the Toolkit. However, the way we will document and publicize changes will be in a somewhat different form than what you are used to in the original Toolkit, and that is partly because we are not going to keep entire snapshots of old versions of the instructions." (Transcript, S. 4).

Angabe des Stands einer Seite (Document Date)

Ein wichtiges Hilfsmittel dabei wird die Angabe des Stands sein, die man seit dem April-Update unten auf jeder Seite findet - im Moment steht hier immer "Document Date: 2019/04/30". Jamie Hennelly kommentierte:

"[The document date is] going to be important in our documentation going forward because if you come to a page and say I don't remember reading it that way, you need to go look at that document date and say oh, this is when it changed so I'm going to go back and find the release notes for that date, and the PDFs that are archived from before that date so I can compare and see exactly what changed and what happened." (Transkript, S. 21).

PDF-Ausdrucke

Die künftig archivierten PDFs entsprechen vermutlich denen, die man sich nunmehr auch selbst ausdrucken kann. Seit dem Update gibt es einen "Print"-Button auf jeder Seite, sodass man sich z.B. alles zu einem bestimmten Element ausdrucken kann. Die entstehenden PDF-Dateien haben so aparte Namen wie "ala-bfeb2cbe-ffdc-34b7-a147-c590b4e03997.pdf" - dies entspricht einem Teil der URL, die am Ende jeder Seite zu lesen ist, z.B. https://beta.rdatoolkit.org/en-US_ala-bfeb2cbe-ffdc-34b7-a147-c590b4e03997. Die Ausdrucke sind schwarz-weiß und haben ein Inhaltsverzeichnis; eigenartigerweise fehlen die Angaben zur "Element Reference". Jedenfalls sehen die so erzeugten Ausdrucke merklich anders aus, als wenn man einfach die normale Druckversion des Browsers verwendet.

Beispiel für einen mit dem neuen Druck-Button erstellten Ausdruck
Beispiel für einen mit dem neuen Druck-Button erstellten Ausdruck

Anders als im alten Toolkit ist es nicht mehr möglich, sich einen kompletten Ausdruck des ganzen Toolkit zu erstellen, da eben wirklich nur einzelne Seiten ausgedruckt werden können. Alleine um alle Elemente einer Entität auszudrucken, wäre man vermutlich Stunden beschäftigt. Für die Entität "Manifestation" müsste man ca. 500 Einzeldokumente erstellen!

Brotkrümelnavigation

Ein großes Problem stellt bisher die Navigation innerhalb des neuen Toolkit dar. Folgt man einem Link oder mehreren Links hintereinander, so kann man oft nur rätseln, in welchem Bereich des Toolkit man nun eigentlich gelandet ist. Eine gewisse Erleichterung bietet die Einführung einer Brotkrümelnavigation ("breadcrumbs navigation") - also einer Textzeile, die die Stelle in der Hierarchie anzeigt, an der man sich gerade befindet, und in der die einzelnen Elemente anklickbar sind. Wikipedia erklärt uns auch, woher der Name kommt: "Der Name Brotkrümelnavigation wurde in Anlehnung an das Märchen Hänsel und Gretel gebildet, in dem die in den Wald geführten Kinder Brotkrumen auf den Weg streuen, um den Weg zurückzufinden." Nun, bei Hänsel und Gretel hat das ja nicht so richtig gut geklappt - und auch in der Beta-Version überzeugen mich die Krümel nur bedingt. Ich habe im Folgenden mal einige Beispiele zusammenkopiert:

Rätselhafterweise wird die oberste Navigationsebene grundsätzlich nicht mit abgebildet. Die ersten zwei Beispiele stammen aus dem Bereich der allgemeinen Kapitel ("Guidance"), das dritte aus dem Bereich Zusatzmaterialien ("Resources") und die letzten beiden aus dem Hauptteil, den Entitäten-Kapiteln ("Entities"). Letzteres erkennt man noch relativ leicht, da am Anfang immer eine der bekannten Entitäten steht. Aber ob man sich bei "Guidance" oder bei "Resources" befindet, ist keineswegs offensichtlich. Deshalb müsste die oberste Ebene unbedingt auch einen eigenen Brotkrümel haben, z.B.:

Guidance > Manifestation statements

Resources > Capitalization > Other languages > German

Entities > Manifestation > statement of responsibility

Bei "Guidance" und "Resources" gibt es in den meisten Fällen nur einen einzigen Brotkrümel, der identisch mit der Überschrift ist (wie im ersten Beispiel). Ansonsten sind es in der Regel zwei Stufen. Ich habe bisher überhaupt nur ein einziges Segment gefunden, wo eine dreistufige Hierarchie abgebildet ist (drittes Beispiel). Dabei würde man an vielen Stellen eine mehrstufige Hierarchie erwarten, denn bei jedem Element sind ja die in Beziehung stehenden Elemente angegeben - und dazu gehören auch die Ober- und Unterelemente ("broader elements", "narrower elements"). Beispielsweise ist die "Verantwortlichkeitsangabe, die sich auf einen Haupttitel bezieht" ein Unterelement von "Verantwortlichkeitsangabe". Entsprechend würde man im letzten Beispiel eine dreistufige Hierarchie erwarten, damit die Navigation einigermaßen nützlich wäre:

Manifestation > statement of responsibility > statement of responsibility relating to title proper

Vermutlich bilden die Krümel aber nicht die logische Struktur des Toolkit-Inhalts ab, sondern nur die datentechnische Struktur der einzelnen Seiten innerhalb des verwendeten Content Management Systems. Und da wird wahrscheinlich nicht mit mehrstufigen Hierarchien gearbeitet, sondern alle Elemente werden direkt an die jeweilige Entität angedockt. Jedenfalls gibt es hier noch viel Raum für Verbesserungen...!

Das Schicksal des "Visual Browser"

Seit langem war uns ein grafisches Tool versprochen worden, das eine intuitive Navigation ermöglichen sollte. Ein Mock-up können Sie sich in diesem Blogbeitrag von 2017 ansehen (nach unten blättern bis zur zweiten Abbildung). Wie im Webinar berichtet wurde, ließ sich dieser "Visual Browser" jedoch nicht so verwirklichen wie erhofft. Ein Grund dafür scheint die schiere Masse der Elemente zu sein, die in letzter Zeit eingeführt wurden. Die Komplexität und die Kosten für die Entwicklung stiegen dadurch erheblich an, während die zu erwartenden Ergebnisse ernüchternd waren. Jamie Hennelly sagte:

"[W]e need to look at the structure a little more deeply to figure out how this works as a visual component. Right now it doesn't. We have pursued this, we actually did a mockup of the visual browser, and what we came up with was not very visual, it was more text." (Transkript, S. 20).

So richtig überrascht war ich davon eigentlich nicht. Ich hatte von Anfang an Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie das funktionieren sollte. Nun heißt es jedenfalls "Gehe zurück auf Los". Man will neu nachdenken und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Anlauf mit dem "Visual Browser" machen - oder alternativ die Brotkrümelnavigation weiterentwickeln.

Zitiernummern ("Citation numbers")

Ein zweites großes Problem ist das Fehlen einer Nummerierung im neuen Toolkit. Man übersieht leicht, dass eine solche Nummerierung verschiedene Funktionen erfüllt. Nicht zuletzt hilft sie dabei, Strukturen und Zusammenhänge zu verstehen - Dinge aus demselben Nummernbereich gehören auch inhaltlich zusammen, und das bisherige Schema bildet auch den Aufbau und die Hierarchien im Regelwerk ab. Darüber hinaus helfen "merkfähige" Nummern bei der Fachkommunikation, z.B. wenn sich KatalogisiererInnen über eine Regelwerksstelle austauschen. Natürlich kennt man nicht jede Nummer im bisherigen Toolkit auswendig, aber es sind einem doch nicht nur viele Elementnummern geläufig, sondern auch manche wichtige Regeln, selbst wenn sie tiefer in der Hierarchie stecken (z.B. 2.4.1.5 für Verantwortlichkeitsangaben, in denen mehrere Akteure genannt sind, oder 19.2.1.1.1 für Körperschaften als geistige Schöpfer). In solchen Fällen muss ich jedenfalls nicht erst ins Toolkit schauen, sondern weiß sofort, worum es geht, wenn ich die Nummer höre.

Solchen Argumenten hat sich das RSC jedoch standhaft verweigert. Wer die Sichtweise des RSC besser verstehen will, sollte sich das Dokument RSC/Papers/1 von 2018 durchlesen. Darin wird u.a. ausgeführt, dass das neue RDA gar keine Hierarchie besitze (was m.E. offensichtlich falsch ist, wie die Existenz von Ober- und Unterlementen zeigt). Auch wurde vorgebracht, dass die Namen der Elemente vermutlich ausreichend seien, um eine bestimmte Stelle zu finden und dass eine präzise Referenzierung über im Toolkit erzeugbare URLs möglich sei.

Nach Drängen von vielen Seiten wurde schließlich aber doch zumindest akzeptiert, dass es möglich sein muss, bestimmte Stellen in RDA genau anzugeben, und dass lange und kryptische URLs dafür nicht ausreichend sind - vor allem mit Blick auf gedruckte Materialien. In der Folge entstand das Konzept von Zitiernummern mit einer Länge, die man zumindest noch händisch eintippen kann. Die Nummern sind "random, permanent, and searchable" (vgl. die News vom 22. Mai 2019 auf der Toolkit-Homepage). Faktisch handelt es sich also um reine Identifier, die in keinerlei Weise für Menschen lesbar sind und ganz bewusst auch keinerlei Zusammenhänge transportieren sollen.

Die Zitiernummern bestehen immer aus acht Ziffern, mit einem Punkt nach jeder zweiten Ziffer. Sie sind normalerweise nicht sichtbar, aber man kann sie aufrufen, indem man einen Doppelklick auf die gewünschte Stelle macht. Im Pop-up-Bereich (in dem man auch Lesezeichen setzen, Notizen machen oder eine URL abrufen kann) wurde ein Nummernsymbol (#) ergänzt. Nach einem Klick darauf öffnet sich ein Fenster mit der zugehörigen Nummer, die man sich in die Zwischenablage kopieren kann.

Pop-up zum Aufrufen der Zitiernummer
Pop-up zum Aufrufen der Zitiernummer
Anzeige der Zitiernummer
Anzeige der Zitiernummer

Um nach einer solchen Nummer zu suchen, trägt man sie in das Suchfeld des Toolkit (rechts oben) ein. Dann wird die entsprechende Stelle aufgerufen und tritt hellgelb hervor:

Hervorgehobene Anzeige der gesuchten Stelle
Hervorgehobene Anzeige der gesuchten Stelle

Solche Zitiernummern gibt es bei jeder Überschrift (mit Ausnahme der Gesamtüberschrift, des Bereichs "Definition and Scope" und "Related elements"; auch bei der "Element Reference" finde ich sie nicht) und bei jedem einzelnen Kasten - egal, ob es sich dabei um eine "Condition" oder eine "Option" handelt. Im folgenden Beispielausschnitt gibt es deshalb fünf Stellen, an denen man Zitiernummern abrufen kann:

  • Prerecording: 21.62.34.21
  • Recording: 69.66.11.22
  • Condition: 69.66.11.22
    (vermutlich ist dies ein Fehler und es müsste eine andere Nummer erscheinen als bei "Recording")
  • erste Option: 00.08.00.67
  • zweite Option: 87.89.39.42
Ausschnitt aus der Elementseite zu "Carrier Type"
Ausschnitt aus der Elementseite zu "Carrier Type"

Tja, was soll man sagen. Die nun eingeführten Zitiernummern sind auf alle Fälle besser als nichts, aber wirklich glücklich machen sie mich nicht.

Weitere Neuerungen

Neben den beschriebenen Änderungen gab es noch einige weitere Neuerungen. So kann man nun auch im neuen Toolkit die AACR2 abrufen (im Bereich "Resources") und es wurde ein "Help"-Bereich mit verschiedenen Hinweisen (u.a. zum Navigieren und Suchen im Toolkit sowie zur Personalisierung) ergänzt. Außerdem gab es einige Verbesserungen bei der Barrierefreiheit, bei den Suchfunktionen, beim HTML-Editor (mit dem man eigene Dokumente einbringen kann) und im Administrationsbereich.

So, das ist nun doch wieder ein recht langer Post geworden. Wie immer freue ich mich auf Ihre Kommentare!

Heidrun Wiesenmüller

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